Das Parlament von Sri Lanka hat den sechsmaligen Premierminister Ranil Wickremesinghe zum neuen Präsidenten des Inselstaates gewählt. Sein Vorgänger Gotabaya Rajapaksa floh letzte Woche aus dem Land und trat nach heftigen Protesten wegen des katastrophalen Zustands der Wirtschaft zurück.
Wickremesinghes Kandidatur wurde bei einer Abstimmung im Parlament am 20. Juli von 134 der 223 Abgeordneten befürwortet. Der 76-jährige Politikveteran ist seit dem Rücktritt von Rajapaksa amtierender Präsident. Ranil Wickremesinghe setzte sich gegen Dullas Alahapperuma, einen von der Regierungspartei unterstützten Kandidaten, und gegen den Linkspolitiker Anura Kumara Dissanayake von der oppositionellen Partei Janatha Vimukthi Peramuna durch.
Dabei wird befürchtet, dass Wickremesinghes Sieg nun zu noch mehr Unruhen führen könnte, da er ein bekannter Verbündeter des Rajapaksa-Clans ist, den die meisten Sri Lanker für ihre wirtschaftliche Misere verantwortlich machen. Der nun amtierende Präsident verhängte bereits am 18. Juli den Ausnahmezustand und gab sich damit mehr Befugnisse, um gegen Andersdenkende vorzugehen.
Sri Lanka sei "über Parteigrenzen hinweg gespalten" gewesen, aber jetzt sei "die Zeit gekommen zusammenzuarbeiten", verkündete Wickremesinghe nach der für ihn erfolgreichen Abstimmung im Parlament. Der hochrangige Politiker betonte:
"Es ist nicht nötig zu sagen, wie schwierig die wirtschaftliche Lage des Landes ist, wir müssen ein neues Programm in Angriff nehmen, um voranzukommen."
Nach dem Verzicht des Oppositionsführers Sajith Premadasa auf Teilnahme am Postenkampf blieben drei Kandidaten, die sich um das Spitzenamt in dem 22 Millionen Einwohner zählenden südasiatischen Land bewarben. Das Land macht derzeit seine schwerste politische und wirtschaftliche Krise seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1948 durch.
Doch nur der ehemalige Bildungsminister Alahapperuma, der sowohl von der Opposition als auch von einigen Mitgliedern der Regierungspartei Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP) unterstützt wurde, galt als echter Rivale. Er erhielt schließlich 82 Stimmen.
Wickremesinghe wird als Spitzenpolitiker von Sri Lanka vor einer schwierigen Aufgabe stehen. Die Wirtschaft des Landes brach in den letzten Monaten zusammen, was zu Engpässen bei Kraftstoff, Lebensmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern führte. Die Aufzehrung der Devisenreserven zwang die Behörden in Colombo, mit dem IWF Gespräche über ein Rettungspaket aufzunehmen.
Für die Krise wird die COVID-19-Pandemie verantwortlich gemacht, die die Einnahmen der Insel durch Touristen drastisch verkürzte, sowie auf das von Rajapaksa verhängte Verbot von chemischen Düngemitteln, das der Landwirtschaft einen schweren Schlag versetzt hatte.
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