Auf den früheren japanischen Regierungschef Shinzō Abe hatte heute auf offener Straße ein Mann zwei Schüsse abgefeuert und den 67-Jährigen lebensbedrohlich verletzt. Abe wurde "in einem ernsten Zustand" umgehend per Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht. Wie japanische Medien nun übereinstimmend berichten, sei der ehemalige Premier verstorben. Der japanische Fernsehsender NHK beruft sich dabei auf Angaben aus der regierenden Liberaldemokratische Partei Japans. Der Tod des 67-jährigen Politikers wurde demnach auch gegenüber der Nachrichtenagentur Kyodo von einer Quelle dieser Partei bestätigt.
Abe war während einer Wahlkampfrede in der alten Kaiserstadt Nara angeschossen worden. In Japan finden am Sonntag Wahlen zum Oberhaus statt. Nach Aussagen von Anwesenden seien zunächst zwei Schüsse zu hören gewesen, bevor Abe zusammenbrach.
Der mutmaßliche Schütze wurde noch vor Ort gefasst. Es soll sich um einen 41-jährigen Japaner handeln, der bis 2005 drei Jahre lang der Marine des Landes angehört haben soll. Laut einem NHK-Bericht soll der Ex-Militär mit einer selbstgebauten Schusswaffe von hinten zwei Schüsse auf den ehemaligen japanischen Premierminister abgefeuert haben. Das Motiv gilt bislang als unklar. Er sei demnach "unzufrieden" mit Abe gewesen und habe ihn "töten" wollen, wurde der Mann etwa nach seiner Festnahme vom Fernsehsender NHK zitiert. Laut anderen Berichten wiederum soll der mutmaßliche Schütze angeblich gesagt haben, er habe "keinen Groll gegen Abes politische Überzeugungen".
Abe wurde in einem schweren Zustand ins Krankenhaus gebracht. Laut Medienberichten soll der Politiker auf dem Weg ins Krankenhaus allerdings noch bei Bewusstsein gewesen sein.
Abe war Japans dienstältester Premierminister. Er trat nach fast acht Jahren im Amt 2020 aus gesundheitlichen Gründen zurück, blieb aber eine einflussreiche politische Figur im Land. Auch am Freitag machte er Wahlkampf für die regierende Liberaldemokratische Partei Japans, als er erschossen wurde. Abe wurde während seiner Amtszeit sowohl gelobt als auch scharf kritisiert für seine unter dem Namen "Abenomics" getaufte Wirtschaftspolitik.
Dem rechtskonservativen Politiker warfen seine Kritiker auch vor, dass das Land wegen seiner nationalistischen Politik nach rechts gerückt sei. Abe gehörte zu den entschiedenen Verfechtern einer Revision der pazifistischen Nachkriegsverfassung des Landes. Im Artikel 9 der Verfassung verzichtet Japan "für alle Zeiten auf den Krieg als ein souveränes Recht der Nation und auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten". Abe vertrat die Meinung, dass diese Verfassung nicht der einer unabhängigen Nation entspricht, da sie 1946 Japan von der Besatzungsmacht USA aufgezwungen worden sei.
Die Politiker im Land zeigten sich schockiert über das Attentat. Ein Vertreter der Kommunistischen Partei Japans, für die Abes nationalistische Politik immer ein rotes Tuch war, sagte:
"Gewalt gegen politische Aktivitäten ist absolut inakzeptabel."
Der Präsident des Abgeordnetenhauses Hiroyuki Hosoda bezeichnete den Anschlag als "Angriff auf die parlamentarische Demokratie", der nicht "toleriert werden" könne. Abes Nachfolger und Parteifreund Fumio Kishida verurteilte den Anschlag aufs "Schärfste" und beendete einen Wahlkampfauftritt unmittelbar nach Bekanntwerden des Attentats.
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