Gründerin der "Japanischen Roten Armee" nach 20 Jahren Haft entlassen

Die Japanerin Fusako Shigenobu gilt als Gründerin der "Japanischen Roten Armee". Nach der Übersiedlung in den Libanon unterstützte sie jahrzehntelang den palästinensischen Befreiungskampf. Im Jahr 2000 wurde sie zu knapp 20 Jahren Gefängnis verurteilt und nun entlassen.

Die von Fusako Shigenobu gegründete und geführte Gruppe "Japanische Rote Armee" (JRA) hatte in den 1970er- und 1980er-Jahren eine Reihe von Geiselnahmen und Entführungen sowie einen Anschlag auf den israelischen Flughafen Lod in Tel Aviv verübt. Bei diesem Attentat im Jahr 1972 waren 26 Menschen ums Leben gekommen.

Am Samstag verließ die 76-jährige Shigenobu zusammen mit ihrer Tochter das Gefängnis in Tokio, in dem sie eine knapp zwanzigjährige Haftstrafe für die Besetzung der französischen Botschaft im niederländischen Den Haag im Jahre 1974 verbüßt hatte.

Die Verurteilung war nach ihrer Festnahme im Jahre 2000 und mehr als 25 Jahren auf der Flucht 2006 erfolgt. Shigenobu war zwar nicht selbst an dem Anschlag 1974 beteiligt gewesen, aber ein japanisches Gericht hatte befunden, dass sie bei der Koordinierung wesentlich mitgeholfen hatte, und sie deswegen zu der Haftstrafe verurteilt. Mitglieder der JRA hatten den Botschafter und weitere Personen 100 Stunden lang als Geiseln gehalten.

Shigenobu teilte den wartenden Journalisten und einer größeren Menschenmenge von Sympathisanten in einer ersten Stellungnahme in Freiheit mit:

"Ich entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten, die meine Verhaftung so vielen Menschen bereitet hat. Es ist ein halbes Jahrhundert her ..., aber wir haben unschuldigen Menschen, die uns fremd waren, Schaden zugefügt, indem wir unserem Kampf Vorrang gaben, zum Beispiel durch Geiselnahmen."

Shigenobu war Anfang der 1970er aus Japan in den Libanon übergesiedelt, hatte dort 1971 die "Japanische Rote Armee" gegründet und jahrzehntelang die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) unterstützt, die zu diesem Zeitpunkt bereits im gesamten Libanon wie auch in den palästinensischen Flüchtlingslagern um Beirut stark vertreten war.

Am 5. September 1972, während der Olympischen Sommerspiele in München, hatten Kämpfer der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) elf israelische Delegationsmitglieder im olympischen Dorf als Geiseln genommen. Die Geiselnehmer hatten die Freilassung von 232 Palästinensern aus israelischer Gefangenschaft verlangt. Eine weitere Forderung war die Freilassung der Führungskader der Roten Armee Fraktion (RAF) Andreas Baader und Ulrike Meinhof sowie des Mitglieds der JRA Kozo Okamoto. Die Erpressung war mit dem Tod aller israelischen Geiseln, fünf Palästinenser und eines an einer Schießerei unbeteiligten deutschen Polizeibeamten gescheitert.

Im Juli 2000 hatte Shigenobu versucht, unter einer falschen Identität nach Japan zurückzukehren, und in einem Hotel unter dem Namen eines Mannes eingecheckt, wo sie jedoch erkannt und verhaftet worden war. In einem Artikel ihrer Tochter Mei Shigenobu aus dem April dieses Jahres erfährt man zu den politischen Wurzeln der JRA-Gründerin:

"1970, zu einer Zeit, als sich die internationale Aufmerksamkeit auf den US-Krieg in Vietnam konzentrierte, lernte Fusako einen Arabisten in Japan kennen und begann, sich über den palästinensischen Kampf gegen den israelischen Siedlerkolonialismus und die Besatzung zu informieren. Dies änderte alles. Von da an beschloss sie, ihr Leben dem palästinensischen Kampf zu widmen. Sie knüpfte Solidaritätsbande mit den Palästinensern im Libanon ..."

Die palästinensische Jugendbewegung (Palestinian Youth Movement, PYM) reagierte über die sozialen Medien auf die Entlassung von Shigenobu:

"Die japanische Freiheitskämpferin Fusako Shigenobu wurde heute nach 20 Jahren Haft aus dem Gefängnis in Japan entlassen. Sie ist eine lebenslange Genossin des palästinensischen Volkes und seines Kampfes."

Im Jahre 2010 war bekannt geworden, dass Shigenobu und noch ein weiteres Mitglied der JRA unter dem Decknamen "Bettina" unter der Registriernummer IMB XV 897/86 als Inoffizielle Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR geführt worden war.

Im April 2001 hatte sie vom japanischen Gefängnis aus die Auflösung der Roten Armee angekündigt. 2008 war bei ihr Dickdarm- und Darmkrebs diagnostiziert worden. Shigenobu hatte sich mehreren Operationen unterziehen müssen.

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