Eine Analyse von Seyed Alireza Mousavi
Die Weltherrschaft des Westens und sein Weltordnungsanspruch wurden seit dem Debakel in Afghanistan auf einmal massiv gefährdet. Während Russland der globalen Dominanz der USA im Zuge ihrer Osterweiterung in der eurasischen Landmasse seit 2014 im Ukraine-Konflikt Einhalt gebietet, fordert Iran seit Jahren die US-Ambitionen und deren "Demokratie"-Experimente im Nahen Osten heraus.
Im Rahmen einer hybriden Kriegsführung hat der Westen in letzter Zeit eine groß angelegte Medienkampagne gegen "Widersacher" der USA, namentlich Russland und Iran, gestartet, um die Tatsachen der aktuellen Lage in der internationalen Politik zu verdrehen. Bei den Transatlantikern schrillen die Alarmglocken, da russische Soldaten innerhalb der eigenen Grenzen Russlands zusammengezogen werden, während der Westen zugleich mit "nie dagewesenen Sanktionen" in Richtung Moskau droht. Dieselben Transatlantiker fordern mit drohender Rhetorik von Iran, zur Einhaltung der Verpflichtungen im Atomdeal zurückzukehren, während sie keine Bereitschaft zeigen, bindende Garantien zur Aufhebung der Sanktionen gegen Teheran zu geben.
Vor diesem Hintergrund trafen sich der russische Präsident Wladimir Putin und sein iranischer Amtskollegen Ebrahim Raisi in Moskau. Laut dem iranischen Botschafter in Moskau soll das Treffen von Putin und Raisi mehr als drei Stunden gedauert haben, wobei wichtige Fragen im Zusammenhang mit der bilateralen Zusammenarbeit erörtern wurden. Bei dem Gipfeltreffen forderte Putin den iranischen Präsidenten Raisi auf, seine Grüße an das politische und religiöse Oberhaupt Irans, Ali Chamenei, auszurichten.
Putin unterstrich bei dem Gipfeltreffen, dass Iran und Russland die Gefahr des Terrorismus in Syrien eingedämmt hatten, und betonte die Notwendigkeit, dass Russland und Iran sich über die neue Krise in der Region, nämlich Afghanistan, austauschen sollten. Raisi sagte, Iran habe mehr als 40 Jahre Widerstand gegen die US-Aggression geleistet, und fügte hinzu, dass US-Sanktionen und Drohungen den Fortschritt Irans nicht aufhalten könnten. Beim Gipfeltreffen zeigten sich Iran und Russland entschlossen, ihr 20-jähriges Kooperationsabkommen auf dem Niveau einer strategischen Partnerschaft zu aktualisieren. Iran und China hatten zuvor ein 25-Jahres-Abkommen unterzeichnet, wobei Peking 400 Milliarden Dollar in die Infrastruktur Irans investieren will.
Der Parlamentssprecher Irans ist im Februar 2021 nach Moskau gereist, um eine Botschaft von Oberhaupt Chamenei an Präsident Putin zu überbringen, um dem russischen Partner in Eurasien zu versichern, dass Iran weiterhin an seiner Strategie zur stärkeren Orientierung gen Osten festhalten will. Russland und China hatten sich seinerzeit über einen Schaukelkurs Irans unter der Rohani-Regierung beklagt.
Das konservative Lager im Iran beobachtet seit Jahren die wachsende Macht Chinas und Russlands in der Weltpolitik zum einen und den schrittweisen Rückzug der USA aus der Region zum anderen. Die Raisi-Regierung erklärte bereits, dass sie in ihrer Außenpolitik den Osten dem Westen und die Nachbarländer den entfernten Ländern vorziehen wolle, um das nationale Interesse Irans gegen das westliche Sanktionsregime zu wahren.
Mit dem Auslaufen des Waffenembargos gegen Iran im Oktober 2020 kann der Sicherheitsrat der UNO den Kauf oder Verkauf konventioneller Waffen, darunter Panzer, Raketen und Kampfjets, nicht mehr boykottieren. Die USA drohten seinerzeit mit Sekundärsanktionen gegen jene Länder, die mit Iran Waffengeschäfte eingehen. Russland erkennt jedoch die einseitige Verlängerung des Waffenembargos gegen Iran durch die USA nicht an. Für Teheran ist der Erwerb russischer Waffen, insbesondere moderner Jäger, von großer Bedeutung.
Berichten zufolge sollen Teheran und Moskau ein Kooperationsabkommen im Sicherheits- und Verteidigungsbereich im Wert von 10 Milliarden Dollar unterzeichnen, das den Kauf von Su-35-Jägern und S-400-Raketen umfasst. Sollte das Abkommen nach dem Raisi-Besuch in Moskau zustande kommen, wäre das ein Game-Changer in der Region, da neue russische Offensiv- und Verteidigungswaffen Teherans die Abschreckung gegen Bedrohungen durch Israel insbesondere in Syrien verstärken würden.
Russland, China und Iran haben am Freitag ein gemeinsames Militärmanöver gestartet. Die drei Länder haben in der Vergangenheit bereits gemeinsame Manöver abgehalten. Sie intensivieren nun ihre Sicherheitskooperation, nachdem sich die USA schrittweise aus der Region zurückgezogen haben. Während die US-Vasallen in der EU weiterhin an der "Regime Change"-Schraube im Osten drehen, markiert das Kooperationsabkommen zwischen Iran und Russland ein deutliches Zusammenrücken der wichtigsten Rivalen des Westens. Die Geopolitik ist offenbar wieder zurück.
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