In einem am Mittwoch ausgestrahlten Interview mit CNN erklärte Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen, dass sie darauf vertraue, dass die USA Taiwan bei der Landesverteidigung unterstützen würden. Tsai verwies darauf, dass es eine "breite Palette der Zusammenarbeit mit den USA" gebe, die darauf abziele, die taiwanische Verteidigungsfähigkeit zu verbessern.
Es gebe US-Truppen auf der Insel, allerdings "nicht so viele wie die Leute dächten", fügte die taiwanische Präsidentin hinzu. Laut CNN hat das Pentagon aktuell die Anwesenheit von 32 US-Militärangehörigen in Taiwan bestätigt. Im Jahr 2018 waren es zehn. Es blieb jedoch unklar, ob dies auf eine Erhöhung der Anzahl von Marines zurückzuführen ist, die die De-facto-Botschaft der USA in Taipeh bewachen, oder ob es sich um Militärberater handelt, die im Rahmen von Waffenverträgen im Wert von rund fünf Milliarden US-Dollar auf der Insel stationiert wurden.
Tsais Äußerungen scheinen Taipehs Wahrnehmung dessen widerzuspiegeln, was in der vergangenen Woche in den USA geschah, als US-Präsident Joe Biden auf einer öffentlichen Veranstaltung erklärte, Washington werde Taiwan zu Hilfe kommen. Am Tag darauf nahm das Weiße Haus diese Äußerungen jedoch wieder zurück. "Können Sie versprechen, Taiwan zu schützen?", wurde Biden in einer CNN-Livesendung gefragt, worauf er mit "Ja" antwortete und betonte, die USA hätten "das stärkste Militär in der Geschichte der Welt".
Auf die Frage des Moderators Anderson Cooper, ob dies bedeute, dass die USA Taiwan im Falle eines Angriffs aus China verteidigen würden, antwortete Biden:
"Ja, hierzu haben wir uns verpflichtet."
Im Taiwan Relations Act (TRA) von 1979, jenem Gesetz, welches die Beziehungen der USA zu der Insel regelt, gibt es jedoch keine solche Bestimmung. Bereits am Tag nach Bidens Äußerung erklärte das Weiße Haus Reportern, der US-Präsident habe keine Änderung der US-Politik ankündigt und dass es auch keine Änderung der US-Politik geben werde.
Bidens Unterstützungszusage kam umso überraschender angesichts der Art und Weise, wie die USA Ende August aus Afghanistan abgezogen sind. Die afghanische Regierung, die 20 Jahre lang von den US-amerikanischen Steuerzahlern aufgebaut und finanziert worden war, war zusammengebrochen und räumte kampflos das Feld, noch bevor die US-Truppen das Land verlassen hatten.
Taiwans Regierung ist der Ansicht, dass China noch vor dem Jahr 2025 in das Land einmarschieren könnte. In der Folge hat Taipeh ein Programm zur militärischen Modernisierung eingeleitet und sogenannte asymmetrische Fähigkeiten entwickelt, wie Tsai es nannte. Sie sagte, sie wolle die Kommunikation mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping aufnehmen, um "zu versuchen, Vorkehrungen zu treffen, damit wir in der Lage sind, friedlich zu koexistieren".
Ihr Interview war in einen CNN-Beitrag eingebettet, in dem Taiwan als "die einzige chinesischsprachige Demokratie der Welt" und das chinesische Festland als "direkte Herausforderung für sieben Jahrzehnte militärischer Vorherrschaft der USA" im indopazifischen Raum beschrieben wurden.
Taiwan ist seit dem Jahr 1949 ein Streitpunkt zwischen China und den USA. Damals gewannen die Kommunisten den Bürgerkrieg gegen die Kuomintang und die USA halfen den besiegten Nationalisten bei der Evakuierung auf die Insel, die nur wenige Jahre davor von 50 Jahren japanischer Herrschaft befreit worden war. Jahrzehntelang erkannten die USA Taiwan als "Republik China" an, bis sie diese Anerkennung im Jahr 1978 an Peking als das einzige China abtraten.
Peking verweist darauf, dass Taiwan seit mehr als 200 Jahren chinesisches Territorium war, bevor es im Jahr 1895 als Kriegstrophäe von Japan beansprucht wurde. Die Volksrepublik China strebt eine Wiedervereinigung der nach ihrer Ansicht abtrünnigen Insel mit dem Festland an. Vorzugsweise mit friedlichen Mitteln.
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