Gegen das Nipah-Virus, das beim Menschen tödliche Gehirnentzündungen oder Atemwegserkrankungen verursacht, gibt es bislang keinen Impfstoff. Es wird von Fledermäusen übertragen und hat eine hohe Sterblichkeitsrate. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt die Sterblichkeitsrate bei einer Infektion mit dem Nipah-Virus zwischen 40 und 75 Prozent. Obwohl es weitaus tödlicher als das Coronavirus ist, gilt Nipah als weniger ansteckend.
Nach Angaben der Gesundheitsministerin des indischen Staates Kerala, Veena George, wurden am Montag elf Personen mit Symptomen des Virus infiziert. Darunter befinden sich die Eltern des 12-jährigen Jungen, der am Sonntag an dem Virus gestorben ist, sowie weitere Verwandte und medizinisches Personal, das den Jungen behandelt hat.
Die Gesundheitsministerin hierzu:
"Ihr Zustand ist stabil. Die Mutter des Jungen hatte am Sonntagabend Fieber, das jetzt aber abgeklungen ist."
Eine Kontaktliste mit 251 Personen wurde erstellt, unter denen 54 als "Hoch-Risiko" eingestuft wurden und isoliert werden mussten. Rund 129 Personen gehören zum medizinischen Personal, von denen 30 in die Hochrisikokategorie fallen. George wies darauf hin, dass der 12-Jährige vor seinem Tod in mindestens vier verschiedenen Kliniken zur Behandlung gebracht wurde:
"Daher sind die meisten Kontakte Angehörige des Gesundheitspersonals."
Nach Angaben des Ministers wurde in einem Krankenhaus in Kozhikode ein Speziallabor unter der Aufsicht des Nationalen Instituts für Virologie in Pune eingerichtet, um auf Nipah zu testen, während ein Team des Nationalen Zentrums für Seuchenkontrolle zur Unterstützung in den Bundesstaat entsandt wurde.
Mehrere halb gegessene Rambutan-Früchte werden ebenfalls untersucht. Das Haus des verstorbenen Jungen liegt in der Nähe eines Lebensraums für Flughunde, welche sich von den Rambutan-Früchten ernähren. Auch andere Tiere sind anfällig für das Virus und werden von der Abteilung für Tierhaltung analysiert. So wurden Ziegen aus dem Gebiet Blut- und Speichelproben entnommen.
Gegen die Ausbreitung des Virus wird das Indian Council of Medical Research in der kommenden Woche monoklonale Antikörperbehandlungen aus Australien erhalten. Diese haben sich als wirksam gegen die Krankheit und das verwandte Hendra-Virus erwiesen. Eine ähnliche Behandlung wurde eingesetzt, um einen früheren Nipah-Ausbruch in Kozhikode im Jahr 2018 einzudämmen, bei dem 17 Menschen starben. Australien, das die Antikörper nach seinem eigenen tödlichen Hendra-Ausbruch in den 1990er-Jahren entwickelt hatte, stellte auch in diesem Fall Behandlungen zur Verfügung.
Obwohl Nipah und Hendra zu einer anderen Familie von Krankheitserregern gehören als das Virus, das COVID-19 verursacht, wurden monokline Antikörpertherapien auch zur Behandlung der letzteren Krankheit eingesetzt. Im vergangenen Mai erteilte die indische Arzneimittelbehörde eine Notfallzulassung für einen Antikörpercocktail mit der Bezeichnung REGN-COV2, der das Risiko schwerer Erkrankungen und Krankenhausaufenthalte bei COVID-19-Patienten verringern soll.
Mehr zum Thema - Südafrika warnt vor neuer Corona-Variante C.1.2 – Lauterbach mit erster Stellungnahme