Der "Islamische Staat" (IS, früher ISIS) hat sich zu dem Anschlag auf den internationalen Flughafen in der afghanischen Hauptstadt Kabul bekannt, wie das Propagandamagazin der Terrorgruppe mitteilte.
Rita Katz, Direktorin der sich mit Terrorgruppen beschäftigenden SITE Intelligence Group, schrieb dazu in einem Tweet:
"ISIS hat sich in einem 'Amaq-Bericht (IS-Propagandaorgan, Anm. d. Red.) zu den heutigen Bombenanschlägen am Flughafen von Kabul bekannt und erklärt, dass seine Kämpfer etwa 160 Menschen getötet und verwundet haben. Dem Bericht über den Anschlag ist ein Bild des Selbstmordattentäters beigefügt."
In seiner Erklärung beschuldigt der IS die Taliban, "in Partnerschaft" mit dem US-Militär zusammenzuarbeiten, um "Spione" aus Afghanistan zu schützen und zu evakuieren.
Was ist über den afghanischen IS-Ableger unter dem Akronym ISIS-K bekannt?
Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich bei Miliz "Islamischer Staat Khorasan" (im Deutschen: Chorasan) um eine Gruppe, die sich dem Islamischen Staat (IS, früher ISIS) angeschlossen hatte und hauptsächlich in der östlichen Provinz Chorasan in Afghanistan aktiv ist. Als der IS im Jahr 2015 im Irak und in Syrien rasch an Boden gewann, wurde den Kämpfern von ISIS-K eine zentrale Rolle für die künftigen Eroberungen des Kalifats in Süd- und Zentralasien vorgesehen.
Der erste Emir und Befehlshaber der Gruppe war ein pakistanischer Staatsbürger namens Hafiz Saeed Khan. Das ehemalige Taliban-Mitglied und Guantánamo-Häftling Abdul Rauf Aliza wurde zu Khans Stellvertreter ernannt.
Sowohl Aliza als auch Khan wurden 2015 bzw. 2016 bei US-Luftangriffen in Afghanistan getötet. Der derzeitige Anführer von ISIS-K ist Schahab al-Muhadschir, der Berichten zufolge ein Befehlshaber der mittleren Ebene des Haqqani-Netzwerks, einer mit den Taliban verbündeten afghanischen Rebellengruppe, war.
Nach Angaben des in Washington ansässigen Center for Strategic and International Studies verübte ISIS-K in den Jahren 2017 und 2018 fast 100 Anschläge auf Zivilisten in Afghanistan und Pakistan. Rund 250 Kampfhandlungen mit den US-amerikanischen, afghanischen und pakistanischen Sicherheitskräften wurden gezählt.
UN-Bericht: ISIS-K hat auf den Rückzug der USA in Afghanistan gewartet
2020 bekannte sich ISIS-K zu einem Angriff auf das Gelände der Universität Kabul und feuerte Raketen auf den Präsidentenpalast und den internationalen Flughafen Hamid Karzai in der afghanischen Hauptstadt. Die Miliz wurde auch beschuldigt, eine Entbindungsstation von Ärzte ohne Grenzen in Kabul angegriffen zu haben. Im Januar erklärten afghanische Sicherheitsbeamte, sie hätten mehrere ISIS-K-Mitglieder verhaftet, die ein Attentat auf Ross Wilson, einen hochrangigen US-Diplomaten in Kabul, geplant hätten.
In einem im Juni veröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen (UN) heißt es, dass ISIS-K nach einigen territorialen Verlusten in den letzten Jahren über eine Kerngruppe von etwa 1.500 bis 2.200 Kämpfern verfügt, die wiederum in kleinere Zellen aufteilt wurde. Die Gruppe kommuniziert weiterhin mit dem Islamischen Staat und hat "eine aktive Präsenz in den sozialen Medien mit Blick auf die Zeit nach dem Rückzug der Vereinigten Staaten", so die der Bericht der UNO.
Die Taliban, die den größten Teil Afghanistans überrannt und am 15. August Kabul eingenommen haben, waren in der Vergangenheit mit ISIS-K in Konflikt geraten. Medienberichten zufolge haben die Taliban kurz nach dem Fall der afghanischen Hauptstadt Abu Omar Chorasani, den inhaftierten ehemaligen Chef des Islamischen Staats in Südasien, hingerichtet.
Die westlichen Regierungen fürchten nun das Wiederaufleben von ISIS-K inmitten des Chaos, das durch die Machtübernahme der Taliban entstanden ist, die gleichzeitig mit dem überstürzten Abzug der US-Truppen erfolgte.
US-Präsident Joe Biden warnte am Dienstag, dass die mit dem Islamischen Staat verbündete Gruppe "versucht, den Flughafen anzugreifen und sowohl amerikanische und alliierte Streitkräfte als auch unschuldige Zivilisten anzugreifen". Die gleiche Sorge äußerte der britische Verteidigungsminister James Heappey, der am Donnerstag zu Evakuierenden von Reisen zum Flughafen abriet, da eine "unmittelbare" Bedrohung durch ISIS-K bestehe.
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