Berichte: USA frieren Afghanistans Staatsreserven ein

Nach der Machtübernahme der Taliban hat Washington Berichten zufolge Vermögen der afghanischen Zentralbank auf US-Konten eingefroren. Damit verbleiben den Taliban laut dem ehemaligen afghanischen Zentralbankchef nur begrenzte Geldreserven.

Die US-Regierung hat laut Berichten Konten bei US-amerikanischen Banken eingefroren, auf denen sich ein Teil der nationalen Reserven Afghanistans befinden. Das berichtete die Washington Post unter Berufung auf eine anonyme Quelle in der US-Regierung. Damit habe Washington den Taliban den Zugang zu den von der Vorgängerregierung hinterlassenen Finanzen abgeschnitten. Die Entscheidung sei von der US-Finanzministerin Janet Yellen und Beamten des Büros für die Kontrolle ausländischer Vermögenswerte des Finanzministeriums getroffen worden. Die Zeitung zitierte den anonymen US-Beamten:

"Alle Vermögenswerte der afghanischen Zentralbank in den Vereinigten Staaten werden den Taliban nicht zur Verfügung gestellt."

Das Einfrieren von Vermögenswerten wurde Berichten zufolge im Rahmen der Sanktionen gegen die Taliban nach den Anschlägen vom 11. September 2001 durchgeführt.

Daten des Internationalen Währungsfonds zeigen, dass die nun entmachtete afghanische Regierung im April 2021, also vor der Taliban-Offensive, über 9,4 Milliarden US-Dollar an nationalen Reserven verfügte. Es ist jedoch unklar, wie viel davon auf Konten von US-Banken lagen. Washington hat der afghanischen Regierung außerdem jährlich drei Milliarden US-Dollar an Finanzhilfe zukommen lassen – eine Praxis, die mit der Machtübernahme durch die Taliban wahrscheinlich ebenfalls eingestellt werden wird.

Ajmal Ahmady, der ehemalige Chef der Zentralbank Afghanistans, schrieb auf Twitter, dass die Bank in der letzten Woche – noch vor der Machtübernahme der Taliban – über 9 Milliarden US-Dollar verfügte, von denen 7 Milliarden bei der US-Zentralbank in diversen Formen (Staatsanleihen, Gold, Bargeld) lagerten, weitere 1,3 Milliarden auf internationalen Konten sowie 700 Millionen bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Aufgrund des großen Leistungsbilanzdefizits Afghanistans wäre die Bank auf regelmäßige Bargeldlieferungen angewiesen gewesen. Aufgrund der sich über die letzten Wochen dramatisch verschlechternden Sicherheitslage wäre die Mehrzahl dieser Lieferungen abgesagt worden, sodass derzeit in Afghanistan kaum noch Bargeld vorhanden wäre. Von den Reserven in Höhe von 9 Milliarden US-Dollar würden den Taliban etwa 100 bis 200 Millionen US-Dollar zur Verfügung stehen.

Er erwarte, dass der Kurs der afghanischen Währung jetzt fallen und die Inflation steigen wird, was vor allem den Armen schaden werde, da auch die Lebensmittelpreise steigen werden.

Weder die USA noch andere Länder haben bisher die Taliban als neue Regierung Afghanistans anerkannt. Der Sprecher des US-Außenministeriums stellte fest, dass es trotz der Behauptungen der Bewegung keine "formelle Machtübergabe an die Taliban" gegeben hätte. Der afghanische Präsident Aschraf Ghani floh aus dem Land, ohne offiziell zurückzutreten, während sich Vizepräsident Amrullah Saleh in Abwesenheit von Ghani zum amtierenden Präsidenten Afghanistans erklärt hatte.

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