Ex-Botschafter Russlands in Kabul zu RT: Ghani flüchtete trotz aller Eide, bis zum Ende zu kämpfen

In einem Interview mit RT hat der russische Sonderbeauftragte für Afghanistan und frühere Botschafter Russlands in Kabul Samir Kabulow zu den jüngsten Ereignissen im Land Stellung genommen. Dabei übte er harsche Kritik am abrupten Rückzug des Präsidenten Aschraf Ghani.

Die Übernahme der afghanischen Hauptstadt durch die Taliban hat mehrere Staaten weltweit, darunter die USA und Großbritannien, zu raschem und entschlossenem Handeln veranlasst, um die Sicherheit ihrer diplomatischen Vertreter in Afghanistan zu gewährleisten. Laut dem russischen Sonderbeauftragten für Afghanistan Samir Kabulow soll auch Russlands Botschafter in Kabul Dmitri Schirnow am Montag ein Treffen mit einem Vertreter der Miliz abhalten. Hauptthema sei die Sicherung der russischen Botschaft, erklärte Kabulow.

Die Evakuierung des russischen Botschaftspersonals sei jedoch nicht geplant, fügte der Diplomat hinzu. Er verwies dabei auf eine bestehende Einigung mit der Taliban-Führung, allen diplomatischen Vertretern im Land, darunter auch denen aus Russland, deren Sicherheit zu garantieren.  

Zu den zukünftigen Beziehungen zwischen Russland und Afghanistan hofft Kabulow weiter auf eine normale Zusammenarbeit der Regierungen beider Länder. Ob Moskau die Talibanvertreter demnächst als legitime afghanische Regierung anerkennen wird, hänge allerdings davon ab, wie sie nach der Machtübernahme in ihrem Land vorgehen werden.

Nach dem De-facto-Rücktritt der Regierung in Kabul und der Abreise des bisherigen Staatschefs Aschraf Ghani aus dem Land bleibt die Erreichung eines Friedens in Afghanistan noch fraglich. Dazu äußerte sich Kabulow wie folgt:

"[Die Regierung] ist nicht zurückgetreten, sie ist auseinandergelaufen. Und dieser Mensch, der sich eingebildet hatte, Präsident zu sein, flüchtete trotz aller seiner Eide und Versprechungen, bis zum Ende zu kämpfen."

Der Sonderbeauftragte schloss die Entstehung neuer Widerstandsnester unter der einheimischen Bevölkerung nicht aus, sollten sich die Menschen in Afghanistan von den Taliban bedrängt fühlen. Am Beispiel der ehemaligen Marionettenregierung machte Kabulow auch den Erfolg der Taliban nach deren Machtergreifung direkt davon abhängig, ob unter den aktuellen Umständen die Interessen des Volkes und des Landes berücksichtigt werden.

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