Chaos am Flughafen Kabul und Übernahme der Kontrolle durch US-Militär

Beim Vorrücken der Taliban in Kabul begannen viele Staaten die Evakuierung ihres Botschaftspersonals. Auch viele Afghanen machten sich auf den Weg zum Flughafen, weil das die letzte Möglichkeit bot, ihr Land zu verlassen. Nun wird er vollständig vom US-Militär kontrolliert.

Das US-Außenministerium hat mitgeteilt, das Personal der US-Botschaft in Afghanistan wäre in einer hektischen Evakuierungsaktion durch Militärhubschrauber zum Flughafen von Kabul in Sicherheit gebracht worden. Der Sprecher des US-Außenamtes, Ned Price, erklärte am späten Sonntagabend:

"Wir können bestätigen, dass die sichere Evakuierung des gesamten Botschaftspersonals nun abgeschlossen ist."

Die überstürzte Evakuierung der Botschaftsmitarbeiter und des örtlichen Personals wurde durch den schnellen Vormarsch der Taliban ausgelöst. Diese marschierten am Sonntag in Kabul ein und erklärten ihren Sieg in dem 20-jährigen Krieg. Der von den USA unterstützte afghanische Präsident Ashraf Ghani floh noch am Sonntag aus dem Land.

Die US-amerikanische Flagge wurde von der Botschaft abgenommen. Sie wurde zusammen mit den evakuierten Botschaftsmitarbeitern zum Flughafen in Sicherheit gebracht, berichtete AP unter Berufung auf einen Beamten des US-Außenministeriums.

Während die Taliban eine Reihe wichtiger Orte in der Stadt einnahmen, darunter auch den Präsidentenpalast, eilten Tausende von Afghanen zum internationalen Flughafen Hamid Karzai, in der Hoffnung, noch bei kommerziellen Flügen an Bord zu gelangen. Der Exodus führte zu massiven Verkehrsstaus und auch zu chaotischen Szenen auf dem Flughafen selbst. An einem Punkt des Flughafengeländes waren Schüsse zu hören, woraufhin der gesamte kommerzielle Flugverkehr eingestellt wurde und die US-Streitkräfte die Flugverkehrskontrolle übernahmen. Die Evakuierung fand im militärischen Teil des Flughafens statt.

Rakhshanda Jilali, eine Menschenrechtsaktivistin, die versuchte, nach Pakistan zu gelangen, eklärte gegenüber Reuters vom Flughafen aus:

"Wie können sie den Flughafen besetzen und den Afghanen Bedingungen diktieren?"

"Dies ist unser Flughafen, aber wir sehen, wie Diplomaten evakuiert werden, während wir in völliger Ungewissheit warten."

Auch Deutschland startete eine Evakuierungsaktion. Die Bundeswehr hat damit begonnen, die ersten deutschen Staatsbürger in das Golfemirat Katar zu fliegen. Mit Transportmaschinen der deutschen Luftwaffe soll in den kommenden Tagen eine "Luftbrücke" eingerichtet werden.

Angesichts der Befürchtung, dass die Situation außer Kontrolle gerät, kündigten die USA an, in den nächsten zwei Tagen zusätzlich 1.000 Soldaten zur Sicherung des Flughafens zu entsenden, um die Evakuierung von US-Bürgern und afghanischen Verbündeten zu ermöglichen. Damit würde sich die Zahl der US-Truppen, die einen "geordneten und sicheren Abzug des US-Personals" unterstützen sollen, auf 6.000 erhöhen.

Am späten Sonntagabend gab das US-Außenministerium bekannt, dass der Flughafen von den US-Streitkräften gesichert worden sei. Price teilte mit:

"Das gesamte Botschaftspersonal befindet sich auf dem Gelände des internationalen Flughafens Hamid Karzai, dessen Umgebung vom US-Militär gesichert wird."

Unbestätigten Berichten zufolge, sollen die Taliban am Montag möglicherweise versuchen, den Flughafen in Kabul zu stürmen. Das berichtet zumindest ARD-Korrespondentin Natalie Amiri auf Twitter.

In einer der ersten Erklärungen nach der Machtübernahme versprachen die Taliban, die Sicherheit der ausländischen Bürger und der diplomatischen Vertretungen zu gewährleisten. Ein Taliban-Sprecher sagte gegenüber Al Jazeera, dass die Gruppierung keine Konfrontation mit ausländischen Mächten suche, diese aber vor einer weiteren Invasion in Afghanistan warne. Sie erkläre sich zum Dialog bereit, um die "Bedenken" der internationalen Gemeinschaft zu zerstreuen.

Mehr als 60 westliche Länder, darunter die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und Japan, gaben eine gemeinsame Erklärung ab, in der es hieß, dass allen Afghanen und ausländischen Bürgern, die das Land verlassen wollten, die Ausreise gestattet werden müsse. In der Erklärung hieß es:

"Das afghanische Volk verdient es, in Sicherheit und Würde zu leben."

"Wir in der internationalen Gemeinschaft sind bereit, sie dabei zu unterstützen."

Die Hilfsorganisation Emergency teilte mit, dass 80 Verwundete in ihr Krankenhaus in Kabul gebracht wurden, das damit an seiner Kapazitätsgrenze angelangt sei und nur noch Menschen mit lebensbedrohlichen Verletzungen aufnehme.

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