Bergkarabach: Aserbaidschan und Armenien werfen sich gegenseitig Bruch des Waffenstillstands vor

Kurz nach den Feuergefechten und der Vermittlung eines Waffenstillstands am Mittwochmorgen kam es in der umkämpften Grenzregion Bergkarabach zwischen Armenien und Aserbaidschan in der Nacht auf Donnerstag zu Schusswechseln. Die Konfliktseiten weisen die Schuld von sich.

Am Donnerstagmorgen prangerte das aserbaidschanische Verteidigungsministerium einen angeblichen Bruch der Waffenruhe durch Armenien an. Aserbaidschanische Stellungen seien vom armenischen Staatsgebiet aus beschossen worden, hieß es:

"Armenien hat erneut grob gegen das Waffenstillstandsabkommen verstoßen. Am 29. Juli von 02:45 bis 03:40 Uhr nachts (01:45 bis 02:40 Uhr Moskauer Zeit) feuerten armenische Streitkräfte von Stellungen in der Gegend des Dorfes Juchary Schordscha im Bezirk Basarkedschar aus mit Sturmgewehren und Granatwerfern auf Stellungen der aserbaidschanischen Armee im Dorf Zeylik im Bezirk Kalbadschar."

Zudem seien rund ein Dutzend Handgranaten vom Typ F-2 in Richtung der aserbaidschanischen Streitkräfte geworfen worden. Nachdem diese das Feuer erwidert hätten, sei wieder Ruhe eingekehrt.

Ihrerseits warf die armenische Armee den aserbaidschanischen Streitkräften vor, ihre Stellungen im nordöstlichen Grenzgebiet in der Region Gegharkunik über Nacht auf Donnerstag beschossen zu haben. Die russische Nachrichtenagentur TASS zitiert

"Die aserbaidschanischen Streitkräfte haben gegen 3 Uhr morgens Feuer auf armenische Stellungen in der Region Gegharkunik eröffnet und damit gegen die Waffenstillstandsvereinbarungen vom Vortag verstoßen."

Ein Angehöriger des armenischen Militärs sei dabei verwundet worden. Das Feuer sei erwidert und in den Morgenstunden wieder eingestellt worden, stellten die Armenier fest.

"Die feindliche Feuerstellung wurde durch Gegenfeuer unterdrückt, der Gegner erlitt Verluste und wurde zurückgeworfen."

Der armenische kommissarische Premierminister Nikolos Paschinjan beklagte, dass sich die Lage entlang der Grenze zu Aserbaidschan nicht stabilisiert. TASS zitiert in diesem Zusammenhang einen Vorschlag Paschinjans, den er auf einer Regierungssitzung unterbreitet hat: 

"Um die tatsächliche Situation an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze zu ermitteln, schlage ich die Entsendung einer Beobachtermission der Organisation des Vertrages über Kollektive Sicherheit entlang der Grenze vor."

Zusätzlich sei die Dislokation russischer Grenzschützer auf Posten entlang der gesamten Grenze sinnvoll:

"Dies wird die Möglichkeit eröffnen, Abgrenzungs- und Demarkationsarbeiten ohne das Risiko militärischer Zusammenstöße durchzuführen."

Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, nahm gegenüber Pressevertretern keine Stellung zu Paschinjans Vorschlägen. Jedoch beteuerte er, dass Russland die Vermittlung zwischen Armenien und Aserbaidschan fortsetze:

"Gestern kam es an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze zu einer Eskalation. Sie wissen, dass Russlands Vertreter große Anstrengungen unternommen haben, um den Waffenstillstand wiederherzustellen. Diese Arbeit geht weiter, Russland setzt seine Kontakte mit Jerewan und Baku fort, um die vollständige Umsetzung der trilateralen Vereinbarungen zu gewährleisten."

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