Schätzungsweise 233.000 Menschenleben hat der Konflikt im Jemen sechs Jahre nach Beginn der Intervention der von Saudi-Arabien geleiteten internationalen Koalition im dortigen Bürgerkrieg gefordert. Dies hat die Abteilung für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten bei den Vereinten Nationen (UNOCHA) am Dienstag bekanntgegeben. Bis zu seiner jüngsten Verschärfung im Jahr 2020 verursachte der Konflikt bereits "schätzungsweise 233.000 Todesfälle, davon 131.000 aus indirekten Ursachen wie Mangel an Nahrung, Gesundheitsdiensten und Infrastruktur", so das UNOCHA. Damit entfallen etwas mehr als 100.000 Todesopfer auf unmittelbare Kriegshandlungen. Dabei liegen allem Anschein nach noch wenig Zahlen für die Zeit nach der jüngsten Verschärfung des Konflikts vor. Die Aufschlüsselung der Gesamtzahlen für die Zeit davor verdeutlicht das Ausmaß der Tragödie jedoch umso prägnanter:
"Die Feindseligkeiten verursachten unmittelbar Zehntausende von Opfern unter der Zivilbevölkerung. In den ersten fünf Jahren des Konflikts wurden 3.153 Todesfälle unter Kindern nachgewiesen."
Doch auch die für das Jahr 2020 erwartete Bilanz verspricht ebenso düster auszufallen:
"In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 wurden 1.500 zivile Opfer gemeldet. Angriffe gegen vom humanitären Völkerrecht geschützte Einrichtungen einschließlich medizinischer Institutionen gehen weiter."
Ende Oktober 2020 wurden im jemenitischen Bürgerkrieg 47 Frontlinien gezählt, im Januar dieses Jahres waren es noch 33, unterstreicht das UNOCHA. Im März 2015 begann die von Saudi-Arabien geleitete Koalition, Ziele im Jemen zu bombardieren, um eine vollständige Übernahme des Landes durch die Huthi-Rebellen zu verhindern. Einige Mitglieder dieser Koalition werden von den USA mit Rüstungsgütern beliefert.
Dabei verhängte die Koalition auch drastische Einschränkungen bezüglich der Gütereinfuhr ins Land. Neben Waffen sind seit Jahren auch überlebenswichtige Güter davon betroffen. Der kommerzielle Güterverkehr wird dadurch so gut wie vollständig unterbunden, die Einfuhr von Hilfsgütern weitgehend verhindert. Die Auswirkungen dieser De-facto-Blockade werden im Jahr 2020 gleichzeitig durch die intensiveren Kampfhandlungen, enormen Regenfälle und Einfall von Heuschrecken aus Wüstengebieten verschlimmert. Nicht zuletzt wurde die ohnehin schlechte Lage am Arbeitsmarkt durch die Coronavirus-Epidemie nochmals verschlimmert. Das UNOCHA ist darüber mehr als besorgt:
"Mitte 2020 haben im Jemen Ernährungsunsicherheit und akute Unterernährung erneut ein alarmierendes Ausmaß erreicht. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die Not großer Teile der Bevölkerung zunimmt."
Ferner mussten infolge des Jemenkonflikts mehr als 3,6 Millionen Menschen ihre Wohnorte verlassen, im Jahr 2020 nach bisher vorliegenden Zahlen mindestens 158.000.