Zu Beginn der vergangenen Woche überreichte ein anonymer chinesischer Beamter einem Journalisten vom nationalen australischen Nachrichtennetzwerk 9News eine Liste der chinesischen Vertretung in Canberra, die vierzehn Beschwerdepunkte beinhaltete. Peking verzichtete damit auf die Nutzung bestehender diplomatischer Kanäle, was scharfe Kritik seitens der australischen Regierung nach sich zog.
In dem Dokument heißt es, Australien habe chinesische Investitionen zu Unrecht blockiert, Desinformationen über Chinas Bemühungen zur Eindämmung des Coronavirus verbreitet, Peking fälschlicherweise der Cyber-Angriffe beschuldigt und sich vermehrt in innere Angelegenheiten der Volksrepublik, insbesondere in Hongkong und Xinjiang, eingemischt. Das Schreiben kritisiert des Weiteren Australiens Entscheidung, Huawei aus den 5G-Netzwerken zu verbannen, das Eigentum chinesischer Journalisten beschlagnahmt zu haben, als auch Abgeordneten zu erlauben, "die Regierungspartei Chinas in empörender Weise zu verurteilen".
Der australische Minister für Handel, Tourismus und Investment, Simon Birmingham, schaltete sich ein und retournierte daraufhin die verbalen Angriffe Pekings. Er versicherte im australischen Radio, dass "es abstrus ist zu behaupten, dass wir nicht so ziemlich jeden möglichen oder denkbaren Weg gesucht und ausprobiert haben", um mit China in Kontakt zu treten, um die Spannungen zu entlasten. Der Minister fügte hinzu, dass es "an ihnen liegt, ob sie bereit sind, an den Tisch zu kommen, um auch diese Gespräche zu führen".
Birmingham könne die Kritik der Volksrepublik nicht nachvollziehen. In den vergangenen Monaten verhängte Peking diverse Strafmaßnahmen über Australien, um ihren Unmut über die sich verschlechternden Beziehungen deutlich zu machen. Da China Australiens größter Handelspartner ist, wurden Zölle auf Gerste sowie ein Importverbot für Rindfleisch, Hummer, Holz und Wein mit großer Besorgnis von Canberra aufgenommen. Dem 25-Millionen-Einwohner Land drohen enorme wirtschaftliche Ausfälle.
Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, betonte, dass die Volksrepublik keine Schuld an der Verschlechterung der bilateralen Beziehungen trägt. Laut Zhao müsse sich hingegen Australien verantworten.
(Sie) haben nachfolgend eine Reihe falscher Schritte in Bezug auf China unternommen, was die Ursache dafür ist, dass die Beziehungen zwischen China und Australien einen scharfen Abschwung genommen haben und in der gegenwärtigen schwierigen Situation stecken geblieben sind (...) die Verantwortung für die Ursache dieser Situation liegt keineswegs bei China.
Chinas Ärgernis beruht nicht zuletzt auf der erstmaligen Teilnahme Australiens an den sogenannten Malabar-Übungen, einem groß angelegten Militärmanöver, das zuletzt im Indischen Ozean stattfand und auf Initiative Indiens, Japans und den USA verrichtet wurde. Erst kürzlich traf der australische Premierminister Scott Morrison ein Abkommen mit seinem japanischen Amtskollegen Yoshihide Suga, das die militärische Kooperation beider Staaten intensivieren soll. Australien tritt ebenfalls für einen "Freien und offenen Indopazifik" (FOIP) ein. Dieses strategische Konzept soll unter der Mitwirkung Indiens, Japans, den USA und Australien den wachsenden wirtschaftlichen und militärischen Einfluss Chinas in der Region eindämmen.
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