Bergkarabach: Ankara für Kooperation mit Moskau – Russische Geheimdienste warnen vor Terrorgefahr

Mevlüt Çavuşoğlu ist am Dienstag nach Aserbaidschan gereist, um mit Präsident Ilcham Alijew die Lage in Bergkarabach zu besprechen. Der türkische Außenminister sagte Baku erneut jede Hilfe zu. Russlands Auslandsgeheimdienst warnte vor einer Terrorgefahr in der Region.

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hat am Dienstag mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilcham Alijew über die Situation in der Konfliktregion Bergkarabach verhandelt. Bei den Gesprächen in Aserbaidschans Hauptstadt Baku sagte der türkische Chefdiplomat dem Nachbarland jede Unterstützung zu, falls das aserbaidschanische Volk diese brauchen sollte:      

Heute kämpft das aserbaidschanische Volk für die Befreiung seines Territoriums und hat dazu sowohl die Kraft als auch das Potenzial. Natürlich ist die Türkei bereit, Aserbaidschan jede Unterstützung in jedem Bereich zu erweisen, wenn es diese brauchen wird.

Zugleich hob Çavuşoğlu die Rolle Russlands bei der Beilegung des jahrzehntelangen Konflikts zwischen Aserbaidschan und Armenien hervor. Ankara sei bereit, mit Russland zusammenzuarbeiten:

Es gibt Bedarf an einem größeren Beitrag Russlands zu diesem Prozess. Alle wissen, wie viel Russland bislang zur Lösung dieses Konfliktes beigetragen hat. Wir wollen aber einen noch größeren Beitrag zu diesem Prozess und sind bereit, mit Russland zusammenzuarbeiten. Für die Sicherheit der Region ist es wichtig, dieses Problem im Grundsatz zu lösen.

Alijew lobte seinerseits den Zusammenschluss Bakus und Ankaras. Ihm zufolge inspiriert die Unterstützung der Türkei sein Land und gibt Aserbaidschan zusätzliche Kraft. Die entschlossene Haltung des türkischen Präsidenten habe der ganzen Welt gezeigt, dass Baku nicht allein dastehe:  

Die Politik der Türkei in der Region ist ausschließlich auf den Frieden ausgerichtet und trägt bereits ihre Früchte sowohl im Nahen Osten als auch im Kaukasus. Heute zeigt die durch einen erneuten Angriff Armeniens ausgelöste Situation ein weiteres Mal, dass die Türkei sowohl in der Region als auch in der ganzen Welt Autorität hat.

Inzwischen sagte der Chef des Auslandsgeheimdienstes der Russischen Föderation (SWR), dass ein neuer Krieg im Bergkarabach für Russland unzulässig sei. Wie Sergei Naryschkin am Dienstag mitteilte, ist es Moskau nicht gleichgültig, dass dort Vertreter der mit Russland befreundeten Völker sterben. Nach Angaben des SWR könnte sich die Kaukasusregion zu einem Aufmarschgebiet für Hunderte von Terroristen entwickeln:   

Die auflodernde bewaffnete Konfrontation in Karabach zieht wie ein Magnet Kämpfer allerlei internationaler Terrornetzwerke an.

Von dort aus könnten die Terroristen dann in die Anrainerstaaten, darunter nach Russland, durchsickern. Naryschkin zufolge handele es sich bei den Söldnern unter anderem um Anhänger der früheren an-Nusra-Front und kurdische Extremisten. Es gebe bereits Hunderte, wenn nicht Tausende von Extremisten, die Profit aus dem Konflikt im Bergkarabach machen möchten. Gleichzeitig zeigte sich der SWR-Chef zuversichtlich, dass die Konfliktparteien unter der Vermittlung der internationalen Gemeinschaft die Kampfhandlungen einstellen und sich an den Verhandlungstisch setzen werden.

Am Morgen des 27. September hatte Armeniens Premierminister Nikol Paschinjan erklärt, dass die aserbaidschanischen Streitkräfte eine Offensive gegen die international nicht anerkannte Republik Arzach (bis 2017 Republik Bergkarabach) gestartet hätten. Aus dem Verteidigungsministerium in Baku verlautete hingegen, die armenischen Streitkräfte hätten aserbaidschanische Armeestellungen und Ortschaften unter Beschuss genommen. Die Behörden der Republik Arzach gaben bekannt, dass unter anderem die Hauptstadt Stepanakert unter Beschuss geraten sei. In dem international nicht anerkannten Staat wurde der Kriegszustand ausgerufen und die allgemeine Mobilmachung angeordnet. Später traf auch Armenien die gleichen Maßnahmen. Russland und viele westliche Länder riefen die Konfliktparteien zu einem Waffenstillstand auf. Die Türkei machte dagegen Armenien für die Eskalation verantwortlich und sicherte Aserbaidschan jede Unterstützung zu.

Der Konflikt war ursprünglich im Februar 1988 ausgebrochen, als die Autonome Oblast Bergkarabach mit überwiegend armenischer Bevölkerung ihre Loslösung von Aserbaidschan angekündigt hatte. Im Laufe der bewaffneten Auseinandersetzungen, die von 1992 bis 1994 dauerten, verlor Baku die Kontrolle über Bergkarabach und sieben Anrainergebiete. Im Jahr 1994 unterzeichneten Aserbaidschan, Armenien und die Republik Bergkarabach unter Vermittlung der Russischen Föderation ein Protokoll über einen Waffenstillstand. Trotzdem kam es wiederholt zu Kampfhandlungen, zuletzt im Juli dieses Jahres, als insgesamt 18 Menschen bei einem Konflikt an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze ums Leben kamen.

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