Lateinamerika

"Quedate en Casa": Kuba sagt Corona-Epidemie den Kampf an

Das sozialistische Kuba hat neue Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus ergriffen. Seit Dienstag ist die Insel für Touristen gesperrt, Schulen und Universitäten wurden geschlossen. Präsident Miguel Díaz-Canel rief seine Landsleute dazu auf, zu Hause zu bleiben.
"Quedate en Casa": Kuba sagt Corona-Epidemie den Kampf anQuelle: www.globallookpress.com © XinHua

von Marcel Kunzmann

Nachdem am vergangenen Mittwoch die ersten drei an COVID-19 Erkrankten auf Kuba gemeldet wurden, hat sich die Zahl der Infizierten mittlerweile auf 48 erhöht. Darunter befinden sich sowohl Kubaner, die jüngst aus dem Ausland zurückgekehrt sind, als auch Touristen. Bisher wurden alle Übertragungen "importiert", inländische Infektionsketten konnten noch nicht nachgewiesen werden. Der Präsident Díaz-Canel warnte jedoch bereits, dass die Dunkelziffer sechs bis zehnmal höher als die bisher aufgedeckten Fälle liegen könnte. Das Land versucht, eine weitere Ausbreitung des Virus jetzt mit drastischen Schritten zu verlangsamen.

So dürfen seit Dienstag – mit wenigen Ausnahmen – nur noch eigene Staatsangehörige nach Kuba einreisen, die sich zudem danach für zwei Wochen in eine Quarantäneeinrichtung begeben müssen. Auch die rund 37.000 Touristen, welche sich noch im Land befinden, stehen ab sofort für 14 Tage unter Beobachtung. Sie werden derzeit von Privatunterkünften in Hotels umquartiert, wo eine bessere Überwachung ihres Gesundheitszustandes möglich sei, erklärte Premierminister Manuel Marrero.

Seit Dienstag ist auch der inländische Transport auf dem Archipel weitgehend lahmgelegt: alle Überlandbusse, Züge und Inlandsflüge wurden bis auf Weiteres gestrichen, auch die tägliche Personenfähre zwischen der "Insel der Jugend" und der Hauptinsel entfällt. Mit Ausnahme der Kinderkrippen kommt der gesamte schulische und universitäre Betrieb bis zum 19. April zum Erliegen. Viele Büroangestellte wurden ins Home-Office geschickt. Das Haus verlassen soll nur noch, wer unbedingt muss, und der Kontakt zu anderen Personen soll möglichst vermieden werden. Risikogruppen sollen sogar gänzlich zu Hause bleiben.

Das erste Maßnahmenpaket des Gesundheitsministeriums (MINSAP) ist am Samstag beschlossen und nur zwei Tage später wieder erweitert worden. Damals lag die Anzahl der Corona-Fälle noch bei 21. Am Montag stieg sie auf 40, bis Dienstagabend hatte sie sich auf 48 mehr als verdoppelt. Insgesamt wurden auf Kuba bisher 625 Personen getestet. Die Ausbreitung des Virus verlaufe derzeit "exponentiell", betonte der Präsident. Notwendig sei daher eine weitgehende soziale Distanzierung, um die Infektionskurve abzuflachen.

Bereits am Sonntag wurden Bars, Nachtklubs, Kinos, Theater und andere Einrichtungen mit großen Personenansammlungen geschlossen. Alle Sportevents und Kongresse sind für die nächsten Monate abgesagt, private Familienfeiern verboten. Restaurants sollen möglichst auf Liefer- oder Abholservice umstellen. "Unser Volk hat in den letzten Tagen Bewusstsein gezeigt, es liegt jetzt an uns allen", appellierte Präsident Díaz-Canel in der abendlichen Sendung "Mesa Redonda" (spanisch: "Runder Tisch") am Montag an die Kubaner.

Inzwischen läuft das öffentliche Leben in Kuba weitgehend auf Sparflamme. "Auf den Straßen sind jetzt viel weniger Leute, der Unterschied ist wirklich unglaublich. Selbst in belebten Gegenden wie der 23. Straße sieht man kaum noch Menschen", sagt Rudy Alejandro, der für die staatliche Telefongesellschaft ETECSA in Havanna arbeitet. Die sonst immer vollgedrängten Busse in Havanna seien jetzt deutlich leerer als üblich. "Bevor man in einen Bus einsteigt oder einen Laden betritt, wird immer Desinfektionsmittel ausgegeben", berichtet der 22-jährige.

Auch eine steigende Zahl von Menschen mit selbst gebastelten Atemschutzmasken macht sich in den Straßen der kubanischen Hauptstadt bemerkbar. Das Internetportal "Cubadebate" veröffentlichte vor kurzem eine Anleitung für ihre Herstellung. Kommunale Reparaturwerkstätten haben inzwischen auf die Produktion der Masken für die Nachbarschaft umgestellt. Anwohner können sich dort für 5 Pesos (ca. 0,20 Eurocent) eine Maske anfertigen lassen. Wer seinen eigenen Stoff mitbringt zahlt 3 Pesos.  Privathaushalte sollen in den nächsten Tagen über das staatliche Zuteilungssystem Chlorlösung zur Desinfektion erhalten.

Bei der Bekämpfung des Coronavirus kann Kubas Gesundheitssystem auf Erfahrungen im Umgang mit Erkrankungen zurückgreifen, hervorgerufen durch das Dengue- und das Zika-Virus oder das Cholera-Bakterium, denen man in den vergangenen Jahren mit umfangreichen Desinfektionskampagnen begegnet ist. Das engmaschige Netz der Familienärzte ist seit vergangener Woche aktiv, um im ganzen Land auf Symptome zu achten und eventuelle Verdachtsfälle zu melden. Auch der Studentenverband "FEU" organisiert derzeit Hilfsbrigaden unter den Studierenden, um ältere Personen und Menschen in Quarantäne zu unterstützen. Landesweit gehen Medizinstudenten von Tür zu Tür, um mögliche Verdachtsfälle zu identifizieren.

Noch können meistens die Kontaktpersonen der positiv getesteten Personen ermittelt werden. "Uns kommt dieser Tage die Aufgabe zu, Infektionsketten nachzuverfolgen", erklärt die Familienärztin Solanghe Cruz, deren Praxis in der Altstadt Havannas liegt. Landesweit stehen derzeit 1.229 Personen unter Quarantäne, die meisten davon im Institut für Tropenmedizin "Pedro Kourí" in Havanna. Bisher sei die Lage im Gesundheitswesen noch verhältnismäßig ruhig, aber angespannt.

Probleme gibt es bei den Warteschlangen in Geschäften: Der vorgeschriebene Mindestabstand von einem Meter wird beim Einkaufen nicht immer eingehalten. Aus diesem Grund sollen in den kommenden Tagen neue Regeln für das Verhalten in Supermärkten und Warteschlangen bekannt gegeben werden. "Bei einem Teil der Bevölkerung herrscht noch eine niedrige Risikowahrnehmung", kritisierte Premierminister Manuel Marrero im Fernsehen.

Die Einhaltung der neuen Regeln wird von der Polizei in den kommenden Tagen überprüft, kündigte die Regierung an. Dabei werde auf die Unterstützung der Bürger gezählt, welche die Maßnahmen laut vieler Kommentare in den sozialen Medien mehrheitlich begrüßen und sogar mit Erleichterung aufgenommen haben. Mit dem Lied "Quedate en Casa" (spanisch: "Bleib zu Hause") schaffte der kubanische Reggaeton-Musiker "Ariel" inzwischen sogar das zur Stunde passende Lied, welches sogar über Kuba hinaus in der spanischsprachigen Welt zirkuliert. Dem kann sich Solanghe Cruz nur anschließen:

Die größte Herausforderung besteht jetzt darin, die Bevölkerung zur Disziplin anzuhalten. Jedem muss bewusst werden, dass er zu Hause bleiben sollte", so die Ärztin.

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