Sogar Brasilien, dessen Regierung regelmäßig die sozialistische Regierung Kubas diffamiert, will jetzt im Kampf gegen die Corona-Pandemie auf die angebotene Hilfe aus Havanna zurückgreifen, um dringend benötigte medizinische Unterstützung zu erhalten. Die Pointe: Brasiliens Regierung unter Jair Bolsonaro bittet jetzt um die Rücksendung derselben kubanischen Ärzte, die sie Monate zuvor als "Terroristen" verunglimpft und ausgewiesen hatte. Es ist auch derselbe Präsident, der zuvor die blutige Militärdiktatur von Augusto Pinochet dafür gelobt hatte, dass diese damit angeblich verhindert habe, Chile zu einem zweiten Kuba werden zu lassen.
Bevor Bolsonaro 2018 zum Präsidenten gewählt wurde, waren 10.000 kubanische Ärzte in Brasilien tätig, welche in den ärmsten und entlegensten Regionen dieses mit Abstand größten Landes Lateinamerikas arbeiteten.
Ihre Hilfe kam seinerzeit dank einer Vereinbarung zwischen Havanna und der sozialdemokratisch ausgerichteten Arbeiterpartei (PT) Brasiliens zustande, die kubanische Unterstützung für die Behandlung derjenigen Bevölkerungsteile suchte, die das brasilianische Gesundheitssystem nicht erreichte.
Während seines gesamten Präsidentschaftswahlkampfes beschimpfte Bolsonaro die kubanischen Ärzte in seinem Land als "ruchlose fünfte Kolonne", verunglimpfte sie als "Terroristen" und versprach, sie nach seiner Wahl auszuweisen.
Als er infolge eines von den USA unterstützten institutionellen Putsches gegen die Regierung der PT an die Macht gelangte, setzte er sein Versprechen um und warf die Mehrzahl der kubanischen Ärzte aus dem Land und ließ damit einen Großteil der vernachlässigten ländlichen Regionen ohne jegliches medizinisches Personal zurück. Mit fatalen Folgen: So stieg zum Beispiel umgehend die Säuglingssterblichkeit in den betroffenen ländlichen Regionen Brasiliens.
Ab Februar 2020 lässt sich nun ein Kurswechsel beobachten. Die brasilianische Regierung musste einsehen, dass sie nicht in der Lage ist, brasilianische Ärzte zu finden, die in den abgelegenen ländlichen Gebieten die kubanischen Mediziner ersetzen könnten. In der Folgezeit stimmte sie zunächst zu, den 1.800 kubanischen Ärzten, die im Land verblieben waren, die Rückkehr in diese Gemeinden zu ermöglichen, in denen sie zuvor tätig waren.
Einen Monat später, im März 2020 – inmitten der COVID-19-Pandemie – vollzieht Bolsonaros Regierung dann eine völlige Kehrtwendung. In einer Pressekonferenz am 15. März bat der brasilianische Gesundheitsminister João Gabbardo, Kuba möge die ausgewiesenen Ärzte zurückschicken, um einen Zusammenbruch des Gesundheitssystems Brasiliens im Kampf gegen die sich ausbreitende Pandemie zu verhindern.
Gabbardo erklärte, dass 5.000 der kubanischen Ärzte, die nach Brasilien zurückgeschickt werden, in Zentren der Primärversorgung im ganzen Land eingesetzt werden sollen.
Die Arbeiterpartei reagierte auf die Nachricht in einer Erklärung und fordert eine offizielle Entschuldigung gegenüber Kuba:
Präsident Bolsonaro schuldet der brasilianischen Bevölkerung und all den kubanischen Ärzten, die aufgrund von Angriffen, Lügen und falschen Nachrichten praktisch aus Brasilien vertrieben wurden, eine Entschuldigung.
Diese 180 Grad-Wende ist enorm peinlich für Bolsonaro. Denn er hatte noch Ende 2019 öffentlich behauptet, die kubanischen Ärzte seien gar keine echten Mediziner, sondern "ideologische Gehirnwäscher", die das Ziel hätten, arme Brasilianer zu kommunistischen Guerillas auszubilden:
Die PT [Arbeiterpartei] schickte etwa 10.000 kostümierte kubanische Ärzte nach Brasilien, hierher, an arme Orte, um Guerillazellen zu schaffen und die Menschen zu indoktrinieren.