Es brodelt in der südlichen Hemisphäre des amerikanischen Kontinents. In nahezu allen lateinamerikanischen Ländern gibt es derzeit Proteste gegen die jeweiligen Regierungen. Manche werden auf demokratischem Weg abgewählt, andere sollen mit Gewalt gestürzt werden. Und mittendrin versuchen die USA, ihnen genehme Regierungen zur Macht zu verhelfen und die nicht genehmen zu diskreditieren.
Seit US-Präsident James Monroe 1823 in seiner Rede zur Nation vor dem Kongress erklärte, dass sich die Vereinigten Staaten von Amerika nicht in die europäischen Konflikte einmischen werden – was spätestens mit Eintritt in den Zweiten Weltkrieg nicht mehr gilt – und im Gegenzug sich die Europäer aus Lateinamerika zurückzuhalten haben, gilt die Parole: Amerika den Amerikanern.
Monroe wollte damit eigentlich sicherstellen, dass die europäischen Königshäuser ihre verloren gegangenen Kolonien im Süden des Kontinents ihrem eigenen Schicksal überlassen. Jegliche Re-Kolonisierungsversuche würden auf entschiedenen Widerstand Washingtons stoßen, der bis zum Einsatz von militärischen Mitteln führen könnte.
Mit den Jahren wurde die sogenannte Monroe-Doktrin in Washington neu interpretiert. War sie zunächst insbesondere auf die Abwehr europäischer Kolonialbestrebungen ausgerichtet, benutzte die US-Regierung die Doktrin schließlich als Rechtfertigung für eigene Interventionen in Lateinamerika. So entstand der Begriff des "amerikanischen Hinterhofs", der symbolisieren sollte, dass die Länder südlich der US-Grenze trotz ihrer formellen Unabhängigkeit nach wie vor im Einflussbereich Washingtons stehen.
Das machte auch US-Außenminister Mike Pompeo bei seiner Rede vor der University of Louisville im Bundesstaat Kentucky am Montag erneut klar.
Die Politik der "unglaublich einzigartigen Nation" in der Region beruhe auf "moralischer und strategischer Klarheit", sagte er, "und wir haben eine besondere Rolle auf der Welt zu spielen". In Lateinamerika hätten die Menschen erkannt, dass "Demokratie und Kapitalismus" der einzige Weg nach vorne sein können. Deshalb hätten sie den USA "erlaubt", dem venezolanischen Volk mit "unterstützendem Aufwand bei ihrem Wunsch nach Freiheit zu helfen". Gemeint war damit der versuchte Putsch gegen die gewählte Regierung von Präsident Nicolás Maduro und die Anerkennung des selbsternannten "Interimspräsidenten" Juan Guaidó als "legitime Regierung" Venezuelas.
Maduro "herrscht" zwar noch immer über das Land, "aber er wird es niemals wieder regieren", drohte Pompeo. Deshalb "arbeitet der gegenwärtig rechtmäßige Präsident Juan Guaidó daran, diese Freiheit für das Volk zu erreichen".
Was die Proteste in vielen Ländern Lateinamerikas betrifft, werde Washington alles dafür tun, um den "legitimen Regierungen" dabei zu helfen, dass diese sich nicht "in Ausschreitungen und Gewalt verwandeln, die nicht den demokratischen Willen der Menschen reflektieren". Autoritär geführte Regierungen stellen "eine Gefahr in unserer Hemisphäre dar, eine Gefahr für uns hier in den Vereinigten Staaten".
Wir können diese Regimes nicht tolerieren, die schlechte Akteure einladen.
Damit meinte Pompeo insbesondere Russland und China, die Länder wie Venezuela, Kuba und zuvor Bolivien unterstützt haben, bevor es Ende November dort zu einem Putsch gegen Präsident Evo Morales kam. Die Botschaft, die der US-amerikanische Außenminister in die Welt sandte, war die, dass am Ende das Weiße Haus entscheidet, welche Regierung "legitim" ist und welche man "nicht tolerieren" kann. Wie die "rechtmäßigen" Regierungsführer an die Macht gekommen sind, spielt da eine untergeordnete Rolle.
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