Die chilenische Armee hat eine weitere Ausgangssperre verhängt, um die anhaltenden Krawalle einzudämmen, die die Hauptstadt Santiago nach Fahrpreiserhöhungen erfasst haben. Die von der Empörung über wachsende soziale Ungleichheit genährten Proteste haben sich inzwischen über die Hauptstadt hinaus ausgeweitet.
Um Plünderungen und Brandanschläge zu verhindern, patrouillierten am Wochenende Tausende Soldaten in Santiago, nachdem der Ausnahmezustand ausgerufen wurde – erstmals seit der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet, dessen Herrschaft 1990 endete.
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Nach einem weiteren Tag der Zusammenstöße mit Demonstranten kündigte der für Sicherheit zuständige General in Santiago eine Verlängerung der Ausgangssperre bis Montagmorgen an. General Javier Iturriaga del Campo erklärte dazu:
Dies ist keine Maßnahme gegen die Bürger, es sind keine Einschränkungen um der Einschränkungen willen. Wir tun dies, um das Leben der Menschen zu schützen.
Unterdessen stieg die Zahl der Todesopfer durch die Unruhen auf mindestens acht, nachdem die Feuerwehr fünf weitere Leichen im Keller eines ausgebrannten Lagers gefunden hatte. Zuvor wurden drei Menschen bei zwei separaten Plünderungen und Brandanschlägen auf Supermärkte getötet.
In einer im Fernsehen übertragenen Erklärung, die er in einem Armeehauptquartier in Santiago verlas, sagte Präsident Sebastián Piñera, dass die Unruhen "ein gewisses Maß an Organisation und Logistik" aufzeigten, die "typisch für eine kriminelle Organisation" seien. Er forderte die Chilenen auf, "sich in diesem Kampf gegen Gewalt und Kriminalität zu vereinen".
Wir befinden uns im Krieg gegen einen mächtigen Feind, der bereit ist, grenzenlose Gewalt anzuwenden", so der Präsident.
Seit Freitag setzen Massen wütender Demonstranten Busse und U-Bahnhöfe in Brand, plündern Geschäfte und zerstören öffentliches Eigentum. Die Behörden sprechen von über einhundert "schweren Vorfällen". Bis Sonntag wurden insgesamt 1.500 Menschen festgenommen, davon allein rund 600 in Santiago.
Der Ausnahmezustand wurde nun neben Santiago auf fünf weitere Städte ausgedehnt, über 9.000 bewaffnete Soldaten sind auf den Straßen im Einsatz. Piñera verteidigte die harte Reaktion der Regierung auf die Krise und erklärte:
Die Demokratie hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, sich mit allen Instrumenten zu verteidigen, die die Demokratie selbst bietet, um diejenigen zu bekämpfen, die sie zerstören wollen", erklärte Piñera.
Um die Krise zu entschärfen, nahm Piñera die umstrittene Fahrpreiserhöhung eilig zurück. Doch diese Kehrtwende reichte nicht aus, um die Situation zu beruhigen, da die breite öffentliche Unzufriedenheit über die Wirtschaftspolitik der Regierung und die damit einhergehende wachsende soziale Ungleichheit weiter anhält.
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