Trump-Administration will Aufbau von Guaidó-Parallelregierung finanzieren

Die Trump-Regierung hat offenbar vor, dem US-Favoriten in Venezuela Juan Guaidó beim Aufbau eines parallelen Verwaltungsapparates finanziell unter die Arme zu greifen – obwohl sein Putschversuch als gescheitert anzusehen ist, zumindest vorläufig.

Dass die US-Regierung seit Jahrzehnten Geheimdienste zum Anzetteln von Staatsstreichen in Ländern mit unliebsamer Leitung nutzt, dürfte ein alter Hut sein. Doch nun scheint die Dreistigkeit einen neuen Höhepunkt erreicht zu haben – die US-Regierung schert sich gar nicht mehr um die Geheimhaltung ihrer Pläne. So verriet der Assistent eines hochrangigen Politikers aus den Reihen der Republikanischen Partei, man suche nach Möglichkeiten, den US-Favoriten Juan Guaidó, der von den USA als Interimspräsident des Landes anerkannt wurde, finanziell zu unterstützen.

"Man versucht gerade herauszufinden, wie man der Übergangsregierung helfen kann, Gehaltsschecks auszustellen und all so etwas – sodass man sagen kann, jawohl, wir haben hier eine funktionierende Regierung", zitiert CNN einen "hochrangigen republikanischen Assistenten vom Capitol Hill", wo bekanntlich der Kongress der USA, bestehend aus Senat und Repräsentantenhaus, seinen Sitz hat.

"Das würde Zahlungen an verschiedene Personen beinhalten, auch an das Militär", zitiert CNN den Funktionär, der anonym bleiben wollte. Die Worte, so CNN, fielen vor dem Hintergrund "interner Verwaltungsberatungen" – man könnte fast glauben, einige Politiker in der US-Führungsriege halten Venezuela nicht für ein souveränes Land, sondern lediglich für einen weiteren US-Bundesstaat.

Solche Äußerungen werden aber auch völlig unverblümt gemacht: Im letzten Monat erklärte der Leiter des Nationalen Wirtschaftsrates der USA Larry Kudlow, dass Bemühungen angestellt würden, um Guaidó – und "dem venezolanischen Volk" – die notwendige wirtschaftliche Unterstützung zukommen zu lassen.

"Wir haben viele Pläne, um die venezolanische Wirtschaft wiederzubeleben und sehr schnell voranzukommen", erklärte Kudlow. "Es gibt einen Finanzplan. Es gibt einen Plan zur Verpflegungsversorgung, dazu, Bargeld zu den Leuten auf der Straße zu bringen, zur Zusammenarbeit mit Banken in der Region, die uns helfen sollen", zitiert ihn CNN.

Die USA ziehen in Betracht, "Banken, iPhones, Apps und viele andere schlaue Möglichkeiten zu nutzen, um Geld [nach Venezuela] zu bringen", so Kudlow abschließend.

Die Pläne sind groß, doch freilich scheint die Rechnung zunächst ohne den Wirt gemacht worden zu sein – in gleich mehrfacher Hinsicht.

State Department "kalt erwischt und angepisst"

Die von Guaidó vollmundig angekündigte "Operation Freiheit" scheint bisher lediglich den Oppositionspolitiker Leopoldo López zu betreffen und ansonsten im Sand verlaufen zu sein, weil die Unterstützung des Umsturzes durch das venezolanische Militär ausblieb. In einem Interview am Mittwochabend kommentierte der US-Sonderbeauftragte für Venezuela, Elliott Abrams, dass viele hochrangige Militärs in Venezuela, die die USA von Maduro wegzulocken versuchten, "ihre Handys ausgeschaltet" hätten. Zudem kam laut einer von CNN zitierten internen Quelle Guaidós Ausruf der "Operation Freiheit" einen Tag zu früh:

Die Führungsriege im Außenministerium wurde von dem verfrühten Schritt [Guaidós] 'kalt erwischt und [war] angepisst [sic!]',

zitiert der Sender.

Geld einfliegen nicht möglich – wegen Venezuelas Flugabwehr

Auch die technische Frage, wie man die Guaidó unrechtmäßig überlassenen Geldmittel des venezolanischen Volkes aus dem Ausland wieder nach Venezuela und in die Hände der willigen Putschisten bringen könnte, bleibt ungelöst: Es sei laut Quellen und Experten unwahrscheinlich, dass die USA Bargeld direkt nach Venezuela fliegen, erklärt CNN – und zwar angesichts des venezolanischen Luftverteidigungssystems. Die Trump-Regierung könnte aber auch Geld in ein Nachbarland wie Kolumbien leiten und es dann über die Grenze nach Venezuela schaffen lassen.

Trump: Hätte Bolton freie Hand, wäre man in mehrere Kriege verwickelt

Ebenso scheint eine "humanitäre Intervention" zunächst immer unwahrscheinlicher, auch wenn bislang nach wie vor "alle Optionen auf dem Tisch" lägen:

Sogar der Hardliner Donald Trump steht einem eingangs "begrenzten" Militäreinsatz mittlerweile immer weniger begeistert gegenüber, zumal dieser nach Ansicht einiger führender Militärs leicht außer Kontrolle geraten könnte. CNN zitiert sinngemäß Trumps Worte, denen zufolge er in mehrere Kriege verwickelt wäre, ließe er Bolton freie Hand. Ferner existieren Bedenken, dass die USA bei einem ohne Absprache begonnenen Militäreinsatz gegen Venezuela den Konsens auch mit denjenigen lateinamerikanischen Staaten torpedieren würden, die bisher mehr oder minder treu der US-Linie folgten, schreibt die Washington Post.

Einsatz auf breiter Front – wirtschaftlich, politisch, militärisch

Doch es ist definitiv zu früh, sich über den abgewehrten Putsch in Venezuela zu freuen. Statt sich bei ihren Bemühungen um einen Regime-Change einseitig auf das Land zu konzentrieren, geht die US-Regierung schon seit geraumer Zeit auf breiter Front vor – und zwar neben Venezuela auch gegen Kuba und Nicaragua.

Eine solche Analyse der aktuellen US-Außenpolitik in Lateinamerika gab Igor Kostjukow, der Leiter des GRU, Russlands militärischem Aufklärungsdienst, am 26. April auf der VIII. Moskauer Konferenz zur Internationalen Sicherheit. Der Experte warnte, dass die Technologien der "Farbrevolutionen", die die USA bei ihren mittlerweile mehreren Putschversuchen in Venezuela in diesem Jahr entwickelten, bald auch woanders zum Einsatz kommen würden – zunächst in Nicaragua. Jetzt schon "ist die US-finanzierte Opposition [in Nicaragua] dabei, den nationalen Dialog zum Abbruch zu führen, indem sie Bedingungen aufstellt, die für die amtierende Regierung eindeutig inakzeptabel sind" – und das, nachdem erst im Februar die Sicherheitsdienste des Landes viele der während der Unruhen inhaftierten Personen freigelassen hatten und die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition nach einer langanhaltenden Pattsituation dieses Jahres wiederaufgenommen wurden.

Die Gesellschaft Kubas hingegen muss für eine Farbrevolution anscheinend erst wirtschaftlich weichgeschlagen werden: "Im März wurde das Helms-Burton-Gesetz von den USA wieder eingeführt. Es erlaubt US-Amerikanern, eine Entschädigung für verlorenen Besitz in der Republik [Kuba] zu beantragen, was etwa 200 kubanische Unternehmen betreffen könnte. Die bedeutende Verringerung des Angebots an venezolanischem Öl infolge der US-Sanktionen ist auch ein Schlag gegen Kuba", erklärte der Geheimdienstler.

Es ist unschwer zu folgern, dass ein Militäreinsatz gegen Venezuela – der ja nach wie vor "auf dem Tisch" der US-Regierung liegt – wieder in greifbare Nähe rücken könnte, sobald die Unterstützung, die die drei sozialistisch regierten Länder sich gegenseitig zukommen lassen, durch eine diese behindernde US-Politik ausreichend geschmälert ist.

Bei einem solchen Einsatz würde allerdings neben den USA auch Kolumbien eine tragende Rolle übernehmen, warnte Kostjukow unter Verweis auf Geheimdienstdaten. Folgerichtig werde auch die Taktik der Farbrevolutionen in Venezuela weiterverfolgt – im Einklang mit einer möglichen militärischen Intervention.

Rückkehr zu Taktiken der 1950er-Jahre

Damit wäre die Rückkehr der Vereinigten Staaten zu ihren Taktiken der 1950er-Jahre vollzogen, als sie mithilfe ihrer Verbündeten in Nachbarschaft mit der ihnen jeweils unliebsamen Regierung militärische und paramilitärische Interventionen durchführten. Um den US-Einfluss in Lateinamerika auf ein für diese Zwecke ausreichendes Maß auszubauen – aber auch zur Durchführung von Farbrevolutionen dort –, investiert das State Department nur offiziell mindestens 1,5 Milliarden Dollar, betonte Igor Kostjukow. Unter Berücksichtigung "spezieller Maßnahmen und Maßnahmen, die nicht vom Haushaltsplan vorgesehen sind", dürfte der Betrag deutlich größer sein.

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