In einem Artikel des Wall Street Journal vom Mittwoch heißt es, dass der versuchte Regimewechsel in Venezuela nur der Auftakt der Umsetzung eines US-amerikanischen Plans zur Neuordnung Lateinamerikas sei.
Danach zielen die USA nicht nur auf die Beseitigung der Regierung von Nicolas Maduro ab, sondern auch auf Umstürze in Kuba und Nicaragua sowie auf ein Zurückdrängen des russischen, chinesischen und iranischen Einflusses in der Region. Es sei das Ziel der US-Regierung, die Verbindungen zwischen Venezuela und Kuba zu kappen und die "Regime" in beiden Ländern zu Fall zu bringen.
Der neue konfrontative Ansatz gegenüber Kuba bedeutet eine Abkehr von der Linie der Obama-Regierung, die eine vorsichtige Annäherung an Havanna verfolgt und Sanktionen gelockert hatte. Der Kurswechsel Obamas war seinerzeit mit der Erfolglosigkeit der aggressiven und auf Regimewechsel zielenden Politik der USA seit der kubanischen Revolution begründet worden.
Auch Nicaragua ist wieder im Visier der USA. Das US-amerikanische Außenministerium warnt regelmäßig vor autokratischen Tendenzen in dem Land. Die Proteste gegen die sandinistische Regierung von Präsident Daniel Ortega im vergangenen Jahr wurden aus den USA unterstützt. In den achtziger Jahren betrieben die USA einen aufwändigen Guerillakrieg in Nicaragua, der mit der Wahlniederlage der Sandinisten 1990 endete.
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Die geplante Neuordnung Lateinamerikas ist somit auch eine Rückkehr der USA zu längst bekannten Verhaltensmustern. Die Umrisse der neuen Strategie wurden bereits im November durch den Nationalen Sicherheitsberater John Bolton skizziert, der Kuba, Venezuala und Nicaragua in einer Rede zur "Troika der Tyrannei" erklärte. Diese Troika werde zerfallen:
Die USA freuen sich darauf, jede Spitze dieses Dreiecks fallen zu sehen: in Havanna, in Caracas, in Managua.
Das Wall Street Journal weist auch auf die Risiken der Strategie hin. Sollte eine Entmachtung Maduros scheitern und sich die Situation im Land weiter verschlechtern, könnte die Krise stärker als bisher den USA angelastet werden. Misslingt das Kappen der kubanisch-venezolanischen Beziehungen, könnte das für diese Staaten einen diplomatischen Erfolg bedeuten.
Hinzu kommt, dass Kuba unter den westlichen Staaten auch aufgrund anderer Wirtschaftsinteressen längst nicht auf die gleiche Ablehnung stößt wie Venezuela. Die Bildung eine Front gegen Kuba dürfte sich schwieriger gestalten als derzeit das Sammeln von Verbündeten gegen Caracas.
Der Blog Moon of Alabama geht noch weiter. Er zieht Parallelen zum Plan der Neugestaltung des Nahen Ostens unter Außenministerin Condoleezza Rice von 2006. Dieser Plan der USA sei an der eigenen Inkompetenz gescheitert, habe aber schwer beschädigte Staaten hinterlassen. Gleiches könne sich nun in Lateinamerika wiederholen.
Der Umsturzversuch in Venezuela sei bereits in Schwierigkeiten, vor allem, weil es ihm an Unterstützung mangele. Die Mehrheit der Bürger sei gegen eine Einmischung von außen und befürworte Gespräche zwischen Regierung und Opposition.
Laut Moon of Alabama setzen die USA eindeutig auf Gewalt: Entweder doch noch in Form eines Putsches der venezolanischen Streitkräfte – oder eben von außen. Darauf deute die Einsetzung von Elliott Abrams als Sondergesandter für Venezuela hin. Abrams sammelte in den achtziger Jahren in Mittelamerika reichlich Erfahrung im Durchführen und Verdecken schmutziger und blutiger Operationen.
Genau solche Operationen könnten auch Venezuela bevorstehen. Denn, so der Autor des Blogs, es dürfte relativ einfach für die USA sein, das venezolanische Militär im Zuge einer Invasion zu besiegen. Die Millionen Anhänger der bolivarischen Bewegung aber könnten bei einem Regimewechsel nur verlieren und würden sich ihm deshalb widersetzen.
Diese Aussichten könnten die USA nach ihren Erfahrungen im Irak dazu bewegen, auf den Einsatz ihrer Streitkräfte zu verzichten und – wie in Nicaragua in den achtziger Jahren – auf bewaffnete "Halsabschneider" zurückzugreifen. Die Aussichten, damit mehr als die völlige Zerstörung des Landes zu erreichen, seien gleichwohl gering.
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