Ein brasilianischer Richter hat Haftbefehl gegen den ehemaligen Staatspräsidenten Luiz Inácio Lula da Silva erlassen. Mehrere Medien zitierten am Donnerstag aus einem entsprechenden offiziellen Schreiben. Lula solle sich bis Freitag (17.00 Uhr Ortszeit/22 Uhr MESZ) der Polizei in der südbrasilianischen Stadt Curitiba stellen, heißt es in dem von Richter Sérgio Moro ausgestellten Haftbefehl.
Der Oberste Bundesgerichtshof Brasiliens hatte zuvor einen Antrag Lulas abgewiesen, bis zum Abschluss eines Berufungsverfahrens gegen eine zwölfjährige Haftstrafe auf freiem Fuß zu bleiben. Lula war zwischen 2003 und 2011 Präsident Brasiliens. Moro ist der Richter, der Lula für schuldig befand, im Rahmen des Skandals um Schmiergelder bei Auftragsvergaben an den staatlichen Ölkonzern Petrobras von dem Bauunternehmen OAS die Renovierung eines Luxus-Appartements angenommen zu haben.
Dem 72-jährigen Ex-Präsidenten stehen allerdings noch weitere Berufungsinstanzen gegen das Urteil Moros vor dem Obersten Gerichtshof (STJ) und dem für Verfassungsfragen zuständigen STF offen.
Der rasche Beschluss des Richters überraschte Lulas Arbeiterpartei (PT), die dessen Teilnahme an einer politischen Veranstaltung am Freitagabend geplant hatte. Auch die Medien waren davon ausgegangen, dass Moro erst um den 10. April eine Verhaftung Lulas anordnen würde.
Lula soll in einem speziell für ihn vorbereiteten Raum im Polizeihauptquartier von Curitiba eingeliefert werden, ohne Kontakt zu anderen Häftlingen, heißt es in dem Haftbefehl. Moro befahl zudem, ihm bei seiner Festnahme keine Handschellen anzulegen.
Die linke PT wollte die erneute Präsidentschaftskandidatur Lulas auch im Fall seiner Inhaftierung aufrechterhalten. "Lula bleibt unser Kandidat", sagte die Parteivorsitzende Gleisi Hoffmann am Donnerstag kurz vor Bekanntgabe des Haftbefehls, nach einem Treffen der Parteispitze in São Paulo, an dem auch die Ex-Präsidentin Dilma Rousseff teilnahm. Mit der "politisch motivierten" Haft Lulas verwandele sich Brasilien in eine "Bananenrepublik", sagte Hoffmann.
"Wir betrachten dies als eine politische Inhaftierung, eine Inhaftierung, die Brasilien vor der Welt bloßstellen wird", sagte Gleisi Hoffmann, Vorsitzende der Arbeiterpartei, laut AP. "Wir werden eine Bananenrepublik."
"Das brasilianische Volk hat das Recht, für Lula, den Kandidaten der Hoffnung, zu stimmen", lautete ein Tweet der Arbeiterpartei. "Die Arbeiterpartei wird diese Kandidatur auf der Straße und in jedem Gericht bis zu den letzten Konsequenzen verteidigen."
Lula hatte wiederholt jedes Fehlverhalten zurückgewiesen und sich zum Opfer politischer Verfolgung erklärt. Im einem Gespräch mit Ecuadors ehemaligem Präsidenten Rafael Correa auf RT im vergangenen Monat argumentierte Lula, dass Korruptionsvorwürfe zu einem "Instrument im moralischen und ethischen Kampf gegen Gegner" geworden seien.
Er wies darauf hin, dass es eine massive Medienkampagne gegen ihn und seiner Nachfolgerin, Dilma Rousseff, gegeben habe. "In Brasilien gibt es eine Verschwörung zwischen den Medien, der Justiz, der Staatsanwaltschaft und der Polizei", so Lula. Mit dem Argument, dass es im besten Interesse seines Landes sei, sich vom US-amerikanischen Einfluss zu lösen, sagte Lula gegenüber RT, dass ein wohlhabendes Brasilien nicht im Interesse Washingtons sei.
Lulas Bewerbung für die Präsidentenwahl im Oktober steht dennoch in Frage, weil ein Gesetz es in zweiter Instanz Verurteilten bis acht Jahre nach dem Urteil verbietet, bei Wahlen anzutreten. Das Gesetz lässt aber auch einen Revisionsantrag zu, wenn gegen die Verurteilung noch Berufung in dritter und vierter Instanz eingelegt worden ist.
Den könnte Lula im August beim Obersten Wahlgericht stellen, falls die Behörden die Einschreibung seiner Kandidatur ablehnen. Der Ex-Präsident liegt in Umfragen mit bis zu 36 Prozent deutlich vorne.
(rt deutsch/dpa)