von Maria Müller
Der Präsident war knapp 20 Monate im Amt. Mit seinem Rücktritt kam er einer Abstimmung im Parlament zuvor, mit der er definitiv abgesetzt werden sollte. Am 23. März akzeptierte das Parlament von Peru den freiwilligen Rückzug des Präsidenten. Die Staatsanwaltschaft forderte die Justiz auf, seine Ausreise zu verbieten. Die "Korruptionsmaschine Odebrecht" hat auch in Peru gewirkt. Der Präsident PPK - wie er im Volksmund genannt wird - konnte den gegen ihn erhobenen Anklagen nicht länger widerstehen. Er soll überteuerte Infrastrukturprojekte gegen vier Millionen Dollargeschenke an die brasilianische Baufirma vergeben haben.
Ich möchte kein Hindernis für unsere Nation sein, um die Harmonie zu finden, die sie so dringend braucht und die mir verweigert wurde. Ich möchte nicht, dass das Land leidet. Ich habe 60 Jahre meines Lebens mit absoluter Ehrlichkeit gearbeitet", versicherte Kuczynski in einer Fernsehansprache.
Bereits im Dezember vergangenen Jahres fand eine parlamentarische Abstimmung statt, um seine Immunität aufzuheben. Der frühere Bankier der Wallstreet konnte sich nur retten, weil die Anhänger des ehemaligen Diktators Alberto Fuijimoris ihn schützten. Im Gegenzug lies der Präsident den gefangenen Diktator, der wegen Korruption und schweren Menschenrechtsverbrechen zu 25 Jahre Haft verurteilt wurde, überraschend frei.
In der Bevölkerung machte sich Empörung breit, frühere Wählerschichten distanzierten sich von ihm. Sie hatten Kuczynski vor allem gewählt, um zu verhindern, dass die Familie Fujimori wieder an die Macht kommt.
Doch ein neuer Skandal brachte im März das Fass zum Überlaufen. Drei Videofilme, die von Keiko Fujimori, der Tochter des Diktators, veröffentlicht wurden, zeigen ihren Bruder Kenji Fujjimori beim Stimmenkauf mit drei Kongressmitgliedern. Eines der abgehörten und gefilmten Gespräche verdeutlicht, dass Kenji im Namen des Präsidenten Infrastrukturprojekte in der Provinz eines der Abgeordneten zusagt, wenn dieser im Parlament dessen Absetzung verhindert. Außerdem sollen auch noch die Minister Mercedes Araoz und Bruno Giuffra an dem Stimmenkauf beteiligt gewesen sein. Gegen alle Beteiligten wurde Anklage erhoben.
Die Familie Fujimori ist untereinander zerstritten. Keiko, die Tochter, wollte den Präsidenten absetzen. Ihr Bruder Kenji arbeitet in die entgegengesetzte Richtung. Er hatte im Dezember mit Hilfe von zehn Kongressmitgliedern die Absetzung von Kuczynski verhindert. Keiko Fujimori steht ihrerseits unter dem Verdacht, von Odebrecht mehrere Millionen Dollar für ihren Wahlkampf entgegengenommen zu haben.
Die Geschichte war den Peruanern dann doch zuviel. Selbst die eigenen Parteifreunde forderten Kuczynski auf, zurückzutreten.
"Die Präsidentenwürde reicht über die individuelle Person hinaus. Wir müssen die Institutionen schützen. Deshalb bitte ich Sie mit großem Bedauern, Herr Präsident, zurückzutreten!" schrieb Pedro Olaechea, ein Parteigänger von PPK, auf Twitter.
Der Nachfolger von Pedro Kuczynski ist Vizepräsident Martin Vizcarra. Während seiner Regierungszeit als Gouverneur in der Provinz Moquegua hat er sich den Ruf als guter Manager erworben. In der Regierung von PPK wurde er zum Botschafter Perus in Kanada ernannt, obgleich er sein Amt als Vize weiter beibehielt. Er sollte wohl als Reservefigur der Macht aus der Schusslinie der Skandale kommen. Nun muss er sich der Regierungsübernahme stellen.
In Peru wiederholt sich mit dem Fall des Präsidenten Kuczynski eine Art historisches Schicksal seiner Präsidenten. Alle seit Ende der Fujimori-Diktatur regierenden Staatsoberhäupter sind in Korruptionsfälle verstrickt.
Der erste Präsident der neuen Demokratie, Alejandro Toledo, wird heute per internationalem Haftbefehl gesucht. Er flüchtete interessanterweise in die USA. Peru will seine Auslieferung wegen dessen Beteiligung am Fall Odebrecht beantragen. Sein Nachfolger, Alan García, hat ebenfalls ein Korruptionsverfahren am Hals. Der nächste Präsident, Ollanta Humala, ist mit seiner Frau Nadine Heredia wegen Beteiligung an der Affäre Odebrecht inhaftiert. Und jetzt ist Kuczynski an der Reihe.
Nach Einschätzung von politischen Analytikern hat sich Peru nie von der Diktatur Alberto Fujimoris, der das damalige Parteiensystem zerstörte, erholt. Pedro Kuczynski sollte als Vorsitzender des Gipfeltreffens der amerikanischen Staaten in Lima am 13. April vor allem die Kampagne gegen Venezuela anführen. Im Rahmen des Besuchs des inzwischen ebenfalls abgesetzten US-Außenministers Rex Tillerson hatte er in vorauseilendem Gehorsam Venezuelas Präsident Nicolás Maduro einfach von dem Treffen ausgeladen. Sein Schritt missachtet die Rechtsnormen des internationalen Organismus. Das Ausscheiden des peruanischen Präsidenten wird das Treffen nun politisch schwächen.
Auch als führender Kopf der "Gruppe von Lima" spielte der Ex-Präsident eine besonders aktive Rolle im Propagandafeldzug gegen Venezuela. Die darin vertretenen Regierungen stehen teilweise selbst unter Korruptionsverdacht. Die Menschenrechtsverletzungen in einigen dieser Länder überholen die Vorwürfe gegen Venezuela bei Weitem, allen voran Brasilien, Mexiko und Kolumbien.