von Maria Müller, Montevideo
"Für Geld tanzt selbst der Affe...", lautet ein populäres Sprichwort in Lateinamerika. In Argentinien tanzt er Tango.
Bis zu seinem bis heute ungeklärten Tod 2015 war Staatsanwalt Alberto Nisman mit den Untersuchungen des folgenschweren Attentats auf das jüdische Kultur- und Gemeindezentrum AMIA von 1994 befasst. Hinweise auf zweifelhafte Finanzen und ungeklärte Vermögensbestände lösten nach seinem Ableben ein Ermittlungsverfahren gegen seine Familie wegen des Verdachts auf Geldwäsche aus.
Ich habe genügend Beweismaterial bezüglich eines Verdachts auf Geldwäsche durch Staatsanwalt Nisman",
erklärte der Untersuchungsrichter C. Narral. Er leitete die nun zutage getretenen Nachforschungen ein. Mitte Januar hat die Zentralbank in Uruguay Anfragen der Justiz Argentiniens über Bankverbindungen der Familie Nisman bestätigt.
Damit schließt sich der vermutete Kreis von geheimen Geldtransfers zwischen den USA, Uruguay und Argentinien. Hunderttausende von Dollar an Bestechungsgeldern wurden offenbar jahrelang an Nisman über Konten seiner Mutter und Schwester sowie seines früheren Sekretärs Diego Lagomarsino überwiesen.
Familie und Sekretär traten als Konteninhaber auf
Auch von Immobilienkäufen in einem luxuriösen Privatviertel nahe Punta del Este, dem "Miami Uruguays", soll Nisman für seine möglicherweise unzulässigen politischen Dienste als Staatsanwalt profitiert haben. Mit von der Partie war auch der Bruder des Präsidenten Argentiniens, Gianfranco Macri. Er konnte als Vorstandsmitglied der Investitionsgruppe XGROUP S.A. den Kauf von drei Wohneinheiten für die Familie Nisman in Punta del Este unauffällig arrangieren - der Fiskus hat nichts davon mitbekommen.
Auf Anfragen der argentinischen Justiz teilte das Katasteramt Uruguays mit, dass die Immobilien auf den Namen der Mutter von Nisman, Sara Garfunkel, eingetragen sind. Preis: 288.035 Dollar.
Die Banco Vizcaya Argentinaria Uruguay S.A. informierte über Geldtransfers aus den USA in den Jahren 2008 und 2009 in Höhe von insgesamt 338.076 US-Dollar. Die Anweisungen kamen von der Bank Merrill Lynch, New York City. Bei acht weiteren Banken in Uruguay sind erst jüngst im Januar Konten auf die Namen von Alberto sowie von Schwester Sara, Mutter Sara G. und Sekretär Diego Lagomarsino festgestellt worden.
Staatsanwalt Alberto Nisman besuchte zudem als langjähriger Untersuchungschef des AMIA-Attentats häufig die USA. Dort eröffnete er zwei Konten bei der Bank Merrill Lynch in New York - wie immer für sich und seine Familie samt Sekretär.
Pikante Verbindungen in die USA und nach Israel
Die US-Behörde Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) informierte ihre südamerikanischen Partnerbehörden 2016 über Nismans Konto bei Merrill Lynch. Dort seien zwischen 2012 und 2014 mehrere Überweisungen im Wert von insgesamt 666.000 Dollar eingegangen. Die Organisation hielt einige Vorgänge für verdächtig und teilte sie deshalb der argentinischen Justiz mit.
Doch woher stammt das Geld? Laut dem argentinischen Nachrichtenportal "El Disenso" aus Israel und den USA. Die Zentralbank Uruguays informierte vor kurzem darüber, dass ein Familienkonto der Nismans zahlreiche Überweisungen von Merrill Lynch, New York erhalten habe.
Doch damit nicht genug: Der frühere Sprecher des Dachverbands der jüdischen Organisationen in Argentinien (DAIA), Jorge Elbaum, machte bereits 2016 öffentlich, dass die größte Bank Israels, Hapoalim, zwischen 2010 und 2014 einen Betrag in Höhe von 280.000 Dollar bei ihrer Zweigstelle in Uruguay für Nisman deponiert hat. Dieser war als Zahlung für angeblich geleistete Konferenzen Nismans deklariert, die jedoch nirgendwo aktenkundig sind. Einen Monat nach dem Tod des Staatsanwaltes wurde die Filiale der israelischen Bank geschlossen.
Auch Trump-Förderer Adelson stand Nisman nahe
Laut Jorge Elbaum stammten die Überweisungen von Israel meistgelesener Zeitung, der kostenlos verteilten Israel Hayom. Deren Inhaber ist der Milliardär Sheldon Adelson. Er rangiert auf Platz 14 der reichsten Menschen der Welt. Adelson ist Besitzer von Kasinos in Las Vegas und Hauptgeschäftspartner des Billionärs Paul Singer. Beide sind Teilhaber des so genannten Geier-Fonds NML Elliot.
Adelson finanzierte Wahlkampagnen der Republikaner in den USA und dabei besonders jener Kandidaten, die das Nuklearabkommen mit dem Iran aus dem Jahr 2015 bekämpfen. In Israel selbst unterstützt er die rechtskonservative Regierung von Benjamin Netanjahu. Das Massenblatt Israel Hayom vertritt die Politik des Likud und stärkt deren Akzeptanz in der israelischen Bevölkerung.
Adelson unterstützte mit 35 Millionen auch den US-Präsidenten Donald Trump, der das Nuklear-Abkommen mit dem Iran rückgängig machen will. Die Zusage Trumps, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, soll auch Teil eines Deals mit Adelson über Wahlkampffinanzierungen gewesen sein.
Nisman selbst hielt 2010 einen Vortrag in Washington beim Kongress des American Israel Public Affairs Commitee (AIPAC) mit dem Titel: "Die gefährlichen Freundschaften: Allianzen des Iran mit kriminellen Regimes". Damit spielte er unter anderem auf die Zusammenarbeit des Iran mit Venezuela an. Der Vortrag soll sich überwiegend auf Geheimdienstinformationen der CIA und des Mossad gestützt haben. Sein Inhalt wurde später auch im US-Kongress bei einer Debatte über den Iran zitiert. In der Folge vereinbarte Nisman auch eine Zusammenarbeit mit dem Blatt Israel Hayom.
Falken wollen Konfrontationspolitik gegen Iran verstärken
Nisman soll sich außerdem mit Roger Noriega getroffen haben, unter Obama Zweiter Staatssekretär für westliche Angelegenheiten im State Department und Direktor des bekannten American Enterprise Institutes, das von Sheldon Adelson finanziert wird.
Auch US-Präsident Trump bekundete sein Interesse an den von Nisman hinterlassenen kriminalistischen Studien. Er hat in diesem Zusammenhang die technischen Dienste des FBI angeboten, um den Stand der AMIA-Ermittlungen aufzubessern.
Nach all dem ist ganz offensichtlich, dass der Staatsanwalt zum Instrument und Akteur der westlichen Geopolitik wurde. Das ist auch an der Bedeutung sichtbar, die die mächtigsten Figuren westlicher Politik seiner Person beimaßen. Seine Anzeigen gegen die Regierung von Cristina F. Kirchner, der unter anderem Verschleierung im Zusammenhang mit dem Todesfall Nisman vorgeworfen wird, müssten zumindest unter dem Licht dessen eigener Verstrickungen beurteilt werden.
Die rechtskonservativen "Falken" in den USA und Israel versuchten von Anfang an, das Attentat auf das jüdische Kulturzentrum AMIA als Vorwand für einen Krieg gegen den Iran zu benutzen. Auch heute sind die Vorgänge in Argentinien um den toten Alberto Nisman von höchster Bedeutung. Sie werden ohne Zweifel dafür benutzt, um einen erneuten Brennpunkt im Nahen Osten zu entfachen - mit unübersehbaren Konsequenzen für uns alle.
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