E-Mails enthüllen Rolle der USA und insbesondere von Hillary Clinton bei Putsch 2009 in Honduras
Mehrere E-Mail-Nachrichten der ehemaligen US-Außenministerin und heutigen Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei, Hillary Clinton, haben neue Details über die Rolle der USA bei dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya in Honduras enthüllt. Die von "The Intercept" ausgewerteten Nachrichten sind Teil von 55.000 Seiten E-Mails, die Clinton unlängst an das Außenministerium weitergeleitet hatte.
Der Übermittlung vorausgegangen war ein Skandal um dem Umstand, dass Clinton während ihrer Amtszeit als Außenministerin regelwidrig ein privates E-Mail-Konto genutzt hat. Nach US-Recht haben alle Bürger das Recht, über das Informationsfreiheitsgesetz Einblick in die Regierungskommunikation zu bekommen, deswegen mussten die Nachrichten nachträglich an die Regierung übermittelt werden.
Aus den nun veröffentlichten E-Mails geht hervor, dass die US-Regierung nach dem Staatsstreich am 28. Juni 2009 Wege gesucht hat, den linksliberalen Zelaya von einer Rückkehr an die Macht abzuhalten, ohne den Staatsstreich offen gutzuheißen. Grund dafür war, dass er als Gefahr für US-amerikanische Interessen in der Region gesehen wurde. Clinton schlug in diesem Zusammenhang ihren Vertrauten Lanny Davis als Kontaktperson zu dem rechten honduranischen Politiker Roberto Micheletti vor. Davis arbeitete zu dieser Zeit als Berater für eine Gruppe von Unternehmern, die den Sturz Zelayas unterstützt hatten. Micheletti war nach dem Putsch gegen Zelaya als Interimspräsident eingesetzt worden.
In einer E-Mail über ein mögliches Treffen zwischen Davis und Vertretern des US-Außenministeriums fragte Hillary Clinton: "Kannst Du mir helfen, mit Micheletti zu sprechen?"
Nach Angaben von "The Intercept" war Davis während der Sexaffäre um die Praktikantin im Weißen Haus, Monica Lewinsky, als PR-Berater für den damaligen US-Präsidenten William "Bill" Clinton im politischen Washington aufgestiegen. Seither arbeitete er als eine Art Kommunikationsberater in Notfällen für eine Vielzahl von Kunden von Unternehmen bis hin zu afrikanischen Diktatoren. Die Liste seiner Klienten hat wiederholt für Kritik gesorgt.
Die nun veröffentlichte Anfrage von Hillary Clinton an Davis trägt das Datum des 22. Oktobers 2009. Zu diesem Zeitpunkt war das De-facto-Regime im Honduras durch Demonstrationen und diplomatischen Druck aus Lateinamerika in starker Bedrängnis.
Eine Woche später handelten hochrangige Mitarbeiter von Außenministerin Clinton eine Vereinbarung aus, die vorsah, Zelaya im Rahmen einer Regierung der nationalen Einheit wieder ins Amt zu bringen. Entgegen der Erwartungen sabotierte das De-facto-Regime unter Micheletti das Vorhaben aber und verhinderte so zunächst eine Rückkehr des Politikers in das mittelamerikanische Land.
Die ohne Zelaya abgehaltenen Wahlen am 29. November 2009 wurden von massiver Gewalt überschattet. Zahlreiche Gegner des Putschregimes wurden ermordet, Demonstrationen von der Polizei zerschlagen und demokratische Medien unterdrückt. Die meisten internationalen Beobachter, darunter die Vereinten Nationen und das US-amerikanische Carter-Center, blieben der Abstimmung demonstrativ fern.
Die nun öffentlich gemachten E-Mails belegen, dass diese Entwicklung in Washington jedoch nicht problematisch gesehen wurden. Stattdessen erkannte die US-Regierung den in Lateinamerika und international massiv umstrittenen Wahlgang als "frei, fair und transparent" an. In Nachrichten an Clinton verteidigte der damalige Beauftragte des US-Außenministeriums für Honduras, Thomas Shannon, die Lage mehrfach.
Für Dan Beeton vom US-Thinktank "Zentrum für Politik- und Wirtschaftsstudien" (CEPR) ist der Fall klar: "Shannons E-Mails belegen, dass die USA die Wahlen nutzen wollten, um die Ergebnisse des Putsches zu konsolidieren." In ihrem 2014 erschienenen Buch "Hard Choice" schreibt Hillary Clinton über das damalige Geschehen in Honduras, ihr Ziel sei es gewesen, über rasche Wahlen den "Streit über Zelaya" beizulegen. Mark Weisbrot, Lateinamerika-Experte am CEPR, sieht darin den Versuch einer nachträglichen Rechtfertigung. "Kein führender lateinamerikanischer Politiker und niemand in der UN-Generalversammlung hat damals Zelayas Rücktritt gefordert", so Weisbrot, es habe also keinen Streit gegeben.
Dieser Artikel ist zuerst auf amerika21.de erschienen. Er wird im Rahmen einer Content-Partnerschaft auf rtdeutsch.com publiziert.