Mindestens vier Menschen sind bei regierungsfeindlichen Demonstrationen in Bolivien getötet worden. Anhänger des ehemaligen Präsidenten Evo Morales liefern sich im Vorfeld der bevorstehenden Wahlen Gefechte mit staatlichen Kräften. Am Donnerstag identifizierte Justizminister Cesar Siles die vier Getöteten als Einsatzkräfte. Es seien drei Polizisten und ein Feuerwehrmann ums Leben gekommen, vermeldete eine staatliche Nachrichtenagentur.
Nach einem Al Jazeera-Bericht vom Donnerstag habe der Justizminister vor Reportern in La Paz erklärt: "Es gibt bereits vier Beamte, die ihr Leben verloren haben." Einige seien erschossen worden. Bei den Protesten in dieser Woche ging es vor allem um die Frustration über Boliviens wirtschaftlichen Niedergang und darum, dass Morales bei den Präsidentschaftswahlen am 17. August nicht antreten darf.
Am aktivsten sind die Anti-Regierungsproteste in den ländlichen Gebieten, wo die Unterstützung für Morales am größten ist. Der Gewerkschaftsführer Morales war von 2006 bis 2019 bolivianischer Präsident. Er war der erste indigene Staatschef in Bolivien und galt als Vorkämpfer für die Beseitigung der Armut.
Im Jahr 2016 lehnten die Wählerinnen und Wähler eine Verfassungsänderung zunächst ab, die es Morales erlaubt hätte, für eine vierte Amtszeit zu kandidieren. Morales beantragte daraufhin bei den Gerichten, dass er trotzdem kandidieren dürfe und hatte Erfolg. Doch dann löste seine Kandidatur im Präsidentschaftswahlkampf 2019 eine politische Krise aus, die ihn vorübergehend zur Flucht aus dem Land veranlasste. Seit November 2020 regiert der Wirtschaftswissenschaftler Luis Arce das lateinamerikanische Land.
In den vergangenen Jahren haben bolivianische Gerichte jedoch wiederholt die Beschränkung der Präsidentschaft auf zwei Amtszeiten bestätigt. Damit wurde Morales die Chance verwehrt, bei der Wahl 2025 erneut zu kandidieren. Morales hat der Regierung vorgeworfen, seine Rechte zu verletzen. Zuletzt führten seine Unterstützer Straßenblockaden durch und lieferten sich Gefechte mit der Staatssicherheit.
Die Spannungen werden durch Spaltungen innerhalb der Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS), noch verschärft. Morales, der die MAS früher angeführt hatte, verließ die Partei im vergangenen Jahr. Er hatte sich mit seinem ehemaligen Verbündeten, Präsident Luis Arce, über wirtschaftliche Fragen und Arces Ambitionen auf eine Wiederwahl zerstritten.
Vorigen Monat stieg Arce schließlich aus dem Wahlkampf 2025 aus und begründete dies mit der Spaltung der MAS-Wähler. Gleichzeitig beschuldigte er Morales einen "Staatsstreich" gegen seine Regierung anzustiften. Und Justizminister Siles behauptete, bei den aktuellen Unruhen handele es sich nicht mehr um zivile Proteste, sondern quasi um einen Krieg paramilitärischer Gruppen gegen die Regierung. Siles erklärte:
"Wir können diese Proteste nicht mehr als zivile Proteste bezeichnen. Es handelt sich um paramilitärische Gruppen, die Waffen tragen, und darauf müssen wir entschieden reagieren."
Lokale Medien berichteten, dass die Regierung Panzer nach Llallagua geschickt habe, wo die Proteste am stärksten sein sollen.
In einem Beitrag in den sozialen Medien sagte Morales am Donnerstag, die Wirtschaftskrise sei das Ergebnis einer "unangemessenen Regierungspolitik und der Zerstörung unseres Wirtschaftsmodells". Er warnte, dass das Land ohne eine Änderung auf den "totalen Zusammenbruch" zusteuern würde.
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