Seit seinem Amtsantritt hat Argentiniens Präsident Javier Milei die Renten schrittweise immer weiter gekürzt. Infolgedessen protestieren Rentner wöchentlich vor dem Kongressgebäude in Buenos Aires. Neben der Erhöhung der Renten fordern sie die Wiedereinführung der Ausgabe kostenloser Medikamente, die unter Milei gestrichen wurde.
Nach einem Guardian-Bericht vom Donnerstag erhielten rund 60 Prozent der Rentner aktuell nur die Mindestrente, von etwa 340 Dollar pro Monat. Noch in diesem Monat, ab dem 23. März, sollen Senioren, die nicht mindestens 30 Jahre in die Rentenkassen eingezahlt haben, gar keine Rente mehr erhalten. Parallel zu den fortschreitenden Rentenkürzungen gehe die Polizei immer rabiater gegen die protestierenden Rentner vor. Zuletzt seien bei den Protesten immer mehr Menschen durch Polizeikräfte verletzt worden, meldete Reuters am Donnerstag.
Den Berichten zufolge erhielten die Rentner am Mittwoch unerwartete Unterstützung von argentinischen Fußball-Fans, unter anderem von den Anhängern der Boca Juniors und River Plate – zwei der "Big Five"-Fußballclubs Argentiniens. Die Fans der großen Fußballclubs sind normalerweise verfeindet. Doch nach dem Aufruf von Anhängern des lokalen Fußballvereins Chacarita Juniors, die Rentner bei ihrem wöchentlichen Protest zu unterstützen, beteiligten sich die Anhänger der großen Fußballclubs gemeinschaftlich an den Protesten. Bei der Demonstration zitierten die Fußballfans eine Aussage des argentinischen Fußballstars Diego Maradona: "Wie könnte ich die Rentner nicht verteidigen? Man muss schon ein echter Feigling sein, um die Rentner nicht zu verteidigen." Unterdessen hielten die älteren Demonstranten vor den Polizisten Schilder mit der Aufschrift
"Schlagt uns nicht, wir sind eure Eltern" und "Helft mir zu kämpfen – ihr werdet die nächste ältere Person sein".
Laut dem Guardian gingen am Mittwoch mehr als 1.000 Polizisten gegen die Proteste vor. Die Beamten setzten Tränengas, Gummigeschosse und Wasserwerfer ein, um die Demonstranten am späten Mittwochabend auseinanderzutreiben. In einem Video von Reuters werden einige der Polizeiaktionen vom Mittwoch dokumentiert. Dazu schreibt der Guardian:
"Kolonnen von Bereitschaftspolizisten setzten fast ununterbrochen Tränengas ein und schossen mit Wasserwerfern und Gummigeschossen auf die Demonstranten. Gegen 17.30 Uhr fuhren Polizisten auf Motorrädern in die Menschenmenge, richteten ihre Waffen auf die Demonstranten und veranlassten Hunderte zur Flucht."
Nach vorläufigen Angaben der unabhängigen Menschenrechtsorganisation Comisión Provincial por la Memoria sollen mehr als 500 Menschen verletzt worden sein. Der freiberufliche Fotograf Pablo Grillo sei dabei von einem Tränengaskanister am Kopf getroffen worden. Er habe eine Schädelfraktur und einen Verlust an Hirnmasse erlitten. Der 35-Jährige sei im Krankenhaus notoperiert worden und liege seitdem im künstlichen Koma. Daraufhin forderte der argentinische Verband der Fotoreporter (aRGra) den Rücktritt der Ministerin für nationale Sicherheit, Patricia Bullrich. In der Erklärung heißt es:
"Heute wurde unser ehemaliger Student auf bösartige Weise von Sicherheitskräften schwer verletzt. … Wir fordern, dass der Präsident der Republik sie und ihre Untergebenen sofort aus dem Amt entlässt und sie vor Gericht stellt. Andernfalls machen wir ihn [Milei] moralisch, politisch und strafrechtlich mitverantwortlich an den von seiner Ministerin begangenen Verbrechen."
Auch die Opposition beklagte, dass die Sanierung der Finanzen auf Kosten der schwächsten Bevölkerungsgruppen Argentiniens gehe. Auf X teilte der Wirtschaftswissenschaftler und Mitte-Links-Senator Martín Lousteau mit:
"Wir sind dafür, die öffentlichen Finanzen zu sanieren". "Was wir nicht zulassen können, ist, dass diese Sanierungen auf Kosten der Ängste, der Gesundheit und der Vernachlässigung unserer Rentner geschehen."
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