Der venezolanische Staatschef Nicolás Maduro hat sechs Dekrete unterzeichnet, mit denen er die umstrittene Region Guayana Esequiba (kurz Esequibo) faktisch an sein Land angliederte. Bei einer Veranstaltung zum Gedenken an seinen im Jahr 2013 verstorbenen Vorgänger Hugo Chávez verteidigte der Präsident die Entscheidung als Teil der Verteidigung der an Bodenschätzen reichen Region, die von Guyana kontrolliert wird. Gleichzeitig bat Maduro die Bevölkerung und die Streitkräfte um Unterstützung, um die venezolanische Landkarte zu vervollständigen.
Im ersten Dekret wurde Generalmajor Alexis José Rodríguez Cabello zum Chef "des neuen Bundesstaates Guayana Esequiba" ernannt. Maduro rief darüber hinaus die "Hohe Nationale Kommission zum Schutz und zur Wiederherstellung" der Region ins Leben und ernannte seine Vizepräsidentin Delcy Rodríguez zur Leiterin dieses Gremiums. Im dritten Dekret bestimmte der Staatschef die neue geografische Karte des südamerikanischen Landes und ordnete an, sie an alle Bildungsstätten zu schicken und an gut sichtbaren Stellen zu platzieren. Gegründet wurde auch ein neues Ressort des staatlichen Erdölunternehmens PDVSA – PDVSA Esequibo. Die Abteilung erteile Genehmigungen zur Gewinnung von Erdöl, Erdgas und Bodenschätzen in der Region, hieß es. Im 24. Bundesstaat sollen auch neue Naturschutzgebiete entstehen. Maduro schuf in der Region auch eine "Zone der integralen Verteidigung", die in den Zuständigkeitsbereich der Streitkräfte falle.
Abschließend sagte Maduro, dass die Dekrete die soziale Entwicklung in der Region gewährleisten würden. Bereits am 9. Dezember werde in Tumeremo im angrenzenden Bundesstaat Bolívar ein Büro eröffnet, in dem Einwohner von Essequibo den venezolanischen Pass beantragen könnten.
Der Territorialstreit zwischen Venezuela und Guyana hatte sich zugespitzt, nachdem Caracas ein Referendum über bereits unternommene und mögliche Schritte zur Verteidigung seiner Souveränität über Guayana Esequiba angekündigt hatte. Die Regierung in Georgetown bezeichnete das Referendum als Bedrohung seiner Sicherheit und des Friedens. Beim venezolanischen Volksentscheid vom 3. Dezember 23 bejahten knapp 96 Prozent der Wähler die Frage, ob ein neuer venezolanischer Bundesstaat namens "Guayana Esequiba" geschaffen werden und die dortige Bevölkerung die venezolanische Staatsbürgerschaft erhalten solle.
In dem jahrzehntelangen Streit geht es um ein Territorium, das sich westlich des Flusses Essequibo erstreckt, und die dazugehörige Meereszone im Atlantik. Die Region wird von Guyana aufgrund eines Schiedsspruchs aus dem Jahr 1899 verwaltet. Venezuela betont dagegen, dass Großbritannien dem Land das Gebiet durch einen am 3. Oktober 1899 begangenen Betrug entrissen hat – Jahrzehnte bevor Guyana zu einem unabhängigen Staat geworden sei. Caracas zufolge müsse Georgetown die bei der UN-Generalversammlung im Jahr 1962 anerkannte territoriale Enteignung Venezuelas durch Großbritannien akzeptieren und sich vom im Jahr 1966 in Genf unterzeichneten Vertrag zur Beilegung des Streites leiten lassen.
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