Die schon ohnehin schwere politische, wirtschaftliche und humanitäre Krise, die der Karibikstaat Haiti seit Jahren durchmacht, hat sich nach UN-Angaben weiter zugespitzt. Das Integrierte UN-Büro in Haiti (BINUH) verweist in seinem jüngsten Bericht zur Situation in dem Inselstaat auf eine drastische Zunahme von schweren Verbrechen in den zurückliegenden vier Monaten. Im Bericht ist explizit von Tötungen, Entführungen, Lynchmorden und Sexualverbrechen die Rede. BINUH-Chefin María Isabel Salvador sagte vor dem UN-Sicherheitsrat:
"Bedauerlicherweise verschlimmert sich die Sicherheitssituation vor Ort weiter, wobei die zunehmende Bandengewalt das Leben der Haitianer ins Chaos gestürzt hat und indem die Inzidenz von schweren Verbrechen drastisch gestiegen ist und neue Rekordwerte erreicht hat."
Salvador sagte, dass die örtlichen Banden täglich Morde und Sexualverbrechen, darunter auch Gruppenvergewaltigungen und Verstümmelungen verübten, während sich die Opferhilfe als ineffizient erweise und eine sichere strafrechtliche Reaktion ausbleibe. In diesem Zusammenhang hob die BINUH-Chefin die enorme Bedeutung der Resolution des UN-Sicherheitsrates hervor, die eine internationale Unterstützungsmission in Haiti vorsieht. Es sei ausschlaggebend, der haitianischen Polizei zu helfen, die Sicherheitsbedingungen wiederherzustellen, um Wahlen ermöglichen zu können.
"Haitis Nationalpolizei wird ein dauerhaftes Ergebnis erst dann erzielen können, wenn sich die öffentliche Ordnung wiederherstellen und der Staat seine Funktionen wiederaufnehmen wird. Vor allem in den benachteiligten Vierteln, die für Bandenaktivitäten anfällig sind."
Anfang Oktober hatte der UN-Sicherheitsrat eine von den USA eingebrachte Resolution unterstützt und die Entsendung einer multinationalen Eingreiftruppe nach Haiti gebilligt. Zudem stimmte der Weltsicherheitsrat für ein allgemeines Kleinwaffenembargo für Haiti. Von Januar bis Mitte August wurden nach UN-Angaben mehr als 2.400 Menschen in Haiti getötet, mehr als 950 entführt und 902 verletzt.
Nach der Resolution soll die internationale Truppe unter Kenias Führung stehen und die Regierung in Port-au-Prince im Kampf gegen die Bandenkriminalität unterstützen sowie den Staat stabilisieren. Der Einsatz ist für ein Jahr genehmigt und soll nach neun Monaten überprüft werden. Wann er beginnt, steht noch nicht fest.
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