Von Maria Müller
Die Plenarsitzung des peruanischen Kongresses billigte am 22. Juni einen Gesetzentwurf für einen Einmarsch von US-Truppen mit Kriegswaffen in das Land.
Die Entscheidung erweitert und verlängert einen bereits im Mai erfolgten Regierungsentschluss der De-facto-Präsidentin Dina Boluarte, mit dem sie über tausend US-Soldaten verschiedener Waffengattungen und Sonderbereiche den Zutritt zum südamerikanischen Territorium ermöglichte.
Japanische Streitkräfte in Peru?
Doch auch japanische Streitkräfte sind mit im Spiel, was vermuten lässt, dass der pazifische Raum als Konfliktzone mit China geprobt wird. Es handelt sich um die japanischen Marineeinheiten "Kashima" und "Hatakaze" des Ausbildungskommandos der Japan Maritime Self-Defense Force. Sie bringen Kriegswaffen aus Japan mit. Die internationale Militärübung nennt sich "Resolute Sentinel 2023".
"Die Vorteile zielen darauf ab, die militärischen Fähigkeiten zu erhöhen sowie die strategischen Aufgaben der Streitkräfte vollständig wahrzunehmen, ihnen den Erwerb von Kenntnissen über neue Techniken, Taktiken und Verfahren zu ermöglichen und das Ausbildungsniveau und die Interoperabilität der eingesetzten Mittel zu erhöhen", heißt es im offiziellen Dokument des Gesetzentwurfs.
Die Ziele der verschiedenen Manöver decken sowohl den Bereich der gesellschaftlichen Kontrolle ab – sprich Aufstandsbekämpfung – als auch das Training einer gemeinsamen konventionellen Kriegsführung mit den peruanischen Streitkräften. Der Dschungelkampf steht auf dem Programm, aber auch Marine-Einsätze an der Pazifikküste oder Übungen von Luftlandetruppen mit den Spezialeinheiten der Air Force (USAF) und der US Space Force (USSF).
US-Manöver im Amazonas: Eine Drohgebärde gegen Brasilien
So gibt es Einsätze im Regenwald mit dem Generalkommando für Operationen im Amazonasgebiet, während vom 24. Juni bis 9. Juli etwa 87 Mitglieder des US Marine Corps auf peruanischem Boden auf dem Marinestützpunkt Iquitos verbringen. Einige geplante Manöver sollen ab dem ersten Juli bis Ende Dezember überwiegend im nördlichen Amazonasgebiet stattfinden, da, wo sich die Grenzen zu den Nachbarstaaten Brasilien und Kolumbien befinden. Das ist ein neuralgisches Thema für Brasilien, denn die nationale Souveränität über das Amazonasgebiet gehört zu seiner Sicherheitsdoktrin. Insofern kann das US-Großmanöver durchaus als Drohgebärde verstanden werden, um Lulas Anspruch einer unabhängigen regionalen Außenpolitik im Rahmen der BRICS-Staaten zu bremsen. Darüber kann auch das strahlende Lächeln der Ursula von der Leyen bei ihrem Brasilienbesuch nicht hinwegtäuschen – sie ist die engste Verbündete der US-Macht in Europa.
Überhaupt sind diese Manöver mit ihrer kriegerischen Dimension in Südamerika ungewöhnlich, denn es gab bisher keinen konventionellen Krieg zwischen lateinamerikanischen Staaten.
Der unpopuläre Kongress Perus votierte für das Manöver
In der Plenarsitzung des Senats in Lima verteidigte Diego Bazán, der Präsident der Nationalen Verteidigungskommission, die Maßnahme:
"Die Exekutivgewalt weist darauf hin, dass diese Aktivität in keiner Weise die Souveränität und territoriale Integrität beeinträchtigt und auch nicht die Einrichtung ausländischer Stützpunkte beinhaltet."
Anschließend wurde ohne jede Debatte über das Gesetz abgestimmt.
Training von "Spezialoperationen" zielt auf die Zivilbevölkerung
Die US-Militärs werden "spezielle" Operationen mit dem peruanischen militärischen Geheimdienst-Kommando trainieren und "spezielle" Gemeinschaftsoperationen durchführen. Solche Formulierungen lassen nichts Gutes ahnen. Man hört sie häufig in Berichten über den Krieg in der Ukraine, wo sie im Zusammenhang mit terroristischen Attentaten gebraucht werden. Soll dieser Horror nun auch nach Südamerika exportiert werden? Auf jeden Fall wird die Zusammenarbeit von Militär und Polizei geübt, besonders mit dem Führungsstab der Spezialeinheiten der peruanischen Nationalpolizei. So können die "speziellen kombinierten Kräfte" der USA auch bei Bedarf aus dem fernen Washington dabei mitwirken, die immer wieder erstarkenden inneren Unruhen in Peru niederzuschlagen.
Die größten Formierungen der nordamerikanischen Truppen kommen zwischen dem 1. Juni und dem 31. Dezember an. Die größte Gruppe besteht aus 970 Soldaten der Luftwaffe und den "Special Forces". Sie bringen für diese Manöver ihre Kriegswaffen, Flugzeuge und Lastwagen mit sowie Schiffe und militärische Schnellboote.
Kritik der Opposition
Der frühere Außenminister Héctor Béjar kritisierte diesen Entschluss:
"In Peru gibt es eine illegitime Regierung aufgrund eines Staatsstreichs, der während der Proteste gegen die eingesetzte Präsidentin Dina Boluarte 70 Todesopfer verursachte."
Er fügte hinzu, dass die Anwesenheit der Militärs zur Einschüchterung der peruanischen Bevölkerung diene, die für Juli neue Proteste angesagt hat.
Die Erlaubnis für den fremden Truppeneintritt wurde auch vom Generalsekretär des peruanischen Gewerkschaftsbundes (CGTP) kritisiert. Er sagte, dass es sich um eine ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten Perus handele und dass man damit über das Vorhandensein von US-Militärbasen in der Region hinwegtäuschen wolle.
Auch die ehemalige Ministerin für Fraueninteressen, Anahí Durand, sagte: "Der Beschluss von Boluarte erstickt die nationale Souveränität und liefert unser Lithium und unsere Bodenschätze an das ausländische Kapital aus."
Wie gehabt: Die USA unterstützen Putschregime
Die USA und Kanada erkannten als Erste die Präsidentschaft von Dina Boluarte an infolge des Staatsstreiches in Peru, mit dessen Hilfe sie an die Macht kam. Der aufflammende Widerstand breiter Teile der Bevölkerung, der von Boluarte blutig niedergeschlagen wurde, führte zu 70 Todesopfern. Boluarte besitzt gemäß mehreren Umfragen nur vier Prozent Zustimmung. Laut Verfassung hätten bereits Anfang des Jahres Neuwahlen stattfinden müssen.
Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte am 7. Dezember 2022 nach der Machtübernahme Boluartes, dass die Biden-Regierung die Ernennung von Boluarte zur Präsidentin "feiert" und mit ihr und ihrer Regierung zusammenarbeiten möchte. Darüber hinaus lobte der Sprecher die zivilen Institutionen und Behörden Perus für die "Gewährleistung demokratischer Stabilität".
Inmitten schwerer Zusammenstöße mit Dutzenden von Toten in Peru besuchte die US-Botschafterin am 16. Dezember die De-facto-Präsidentin, um ihr den Rücken zu stärken. Auf Twitter schrieb damals Boluarte:
"Die Präsidentin Dina Boluarte empfing die Botschafterin der Vereinigten Staaten, Lisa Kenna, welche die volle Unterstützung ihres Landes für die demokratische Institutionalität in Peru betonte und für die Aktionen der konstitutionellen Regierung, um die gesellschaftliche Situation zu stabilisieren."
Es hat sich nichts geändert. Die US-Außenpolitik gegenüber Lateinamerika ist seit 100 Jahren die gleiche.
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