Treffen von Lula mit Maduro: Gemeinsame Währung abseits vom Dollar diskutiert

Erstmals seit acht Jahren besucht Venezuelas Präsident Nicolás Maduro Brasilien. Am Montag ist er mit seinem brasilianischen Amtskollegen Luiz Inácio Lula da Silva zusammengekommen. Am Dienstag findet in Brasilia ein Gipfel statt, der das UNASUR-Bündnis wiederbeleben soll.

Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro ist am Montag erstmals seit dem Jahr 2015 zu einem Staatsbesuch im Nachbarland Brasilien eingetroffen. In der Hauptstadt Brasília traf er sich mit seinem Amtskollegen Luiz Inácio Lula da Silva. Bei ihren Verhandlungen kamen nicht nur die bilateralen Angelegenheiten zur Sprache. Die beiden Spitzenpolitiker erörterten auch Themen von regionaler und globaler Tragweite.

Die Leitthemen des Treffens waren allerdings die Bekämpfung von Ungleichheit und Armut sowie die Stärkung der beiden Wirtschaften. Lula und Maduro wurden über die Notwendigkeit einer Kooperation einig, um die südamerikanische Region als Länderblock zu konsolidieren und somit ihre Verhandlungspositionen in der Weltarena zu stärken. Auf Twitter schrieb der brasilianische Staatschef:

"Südamerika muss als Block arbeiten. Ein Land kann seine Probleme, die seit Jahrhunderten bestehen, nicht allein lösen. Wir kämpfen bereits seit 500 Jahren gegen Armut. Zusammen sind wir 450 Millionen Menschen, als Block können wir besser verhandeln."

Lula betonte, dass die südamerikanischen Regierungen trotz ihrer ideologischen Positionen begreifen sollten, dass der Kontinent nur durch eine regionale Union und Integration an Stärke gewinnen könne, um den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen die Stirn zu bieten. Er erinnerte dabei an die Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR), der er einen neuen Impuls verleihen möchte. Der Brasilianer verwies darauf, dass die Region zuletzt einen Rückschlag erlitten habe. In diesem Zusammenhang rief er die südamerikanischen Staaten auf, ihre Finanz-, Währungs- und Handelspolitik zu konsolidieren, um somit Fortschritt und Entwicklung zu fördern.

"Wir müssen darüber diskutieren, ob wir stärker sein wollen, ob wir einen Block für Verhandlungen bilden und mehr Kraft haben oder gespalten bleiben und nach wie vor wirtschaftlich von den USA abhängen wollen."

In diesem Zusammenhang plädierte Lula für eine gemeinsame Regionalwährung, um eine wirtschaftliche Unabhängigkeit des Kontinents zu erzielen. Damit sollten die südamerikanischen Staaten unabhängig vom US-Dollar ihre Transaktionen abwickeln können. Bei einer Presserunde in seiner Residenz Palácio da Alvorada sagte der Politiker:

"Mein Traum ist, dass unsere Staaten eine Gemeinschaftswährung für ihre Transaktionen haben, damit wir vom US-Dollar unabhängig sein können."

Es sei unmöglich, dass sich die Regierungen einer solch ressourcenreichen Region wie Südamerika noch nicht darauf geeinigt hätten, diesbezüglich vorwärtszukommen und über keine wirtschaftliche Freiheit verfügten, sagte Lula. Er verwies darauf, dass er für eine Gemeinschaftswährung für Südamerika seit seiner ersten Amtszeit als Präsident plädiere und den früheren venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez in diesem Konzept unterstützt habe.

Der Brasilianer machte die Notwendigkeit eines gemeinsamen Zahlungsmittels am Beispiel Venezuelas deutlich. Das Nachbarland sei Blockaden und Sanktionen vonseiten der USA ausgesetzt und leide unter Einschränkungen beim Bezahlen von Importen in US-Dollar, was noch schlimmer als ein Krieg sei, da dies zum Tod von unschuldigen Kindern, Frauen und älteren Menschen führe, betonte Lula.

Als Beispiel für Südamerika, Lateinamerika und die Karibik könnte dem Politiker zufolge die Staatenvereinigung BRICS dienen. Lula hob hervor, dass Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika schon daran arbeiten würden, ihre Transaktionen in anderen Währungen als US-Dollar abzuwickeln. Der Politiker schloss nicht aus, dass diese Länder sogar eine Gemeinschaftswährung ins Leben rufen könnten.

"Mein Traum ist, dass die BRICS-Staaten auch eine Gemeinschaftswährung haben – wie die Europäische Union ihren Euro."

Es gebe mehrere Länder, die der BRICS-Gruppe beitreten möchten, sagte Lula. Venezuela könne in dieser Angelegenheit mit der Unterstützung Brasiliens rechnen. Die Erweiterung der Staatenvereinigung hänge jedoch nicht ausschließlich von seinem Land ab, erklärte der Brasilianer. Sie solle aber demnächst thematisiert werden.

Maduro hob seinerseits hervor, dass die BRICS-Gruppe zu einer multipolaren Welt beitrage, die neue Pole in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Militär, Kultur und Soziales umfasse. Die BRICS-Staaten seien ein Element der neuen Geopolitik:  

"Die BRICS-Staaten verwandeln sich in einen großen Magnet für diejenigen, die eine andere Welt wollen. Es sind mehr als dreißig Länder, die sich der Vereinigung anschließen und in der BRICS-Bank sein wollen."

Der Venezolaner bekräftigte den Wunsch seiner Regierung, der BRICS-Gruppe beizutreten. Eine Mitgliedschaft in der Vereinigung würde bedeuten, sich am Aufbau einer neuen Finanzarchitektur, einer neuen Geopolitik zu beteiligen und der neuen Welt anzugehören, die bereits entstehe.

Außerdem ging Maduro auf die regionalen Themen ein, die ebenfalls eine enge Kooperation zwischen den südamerikanischen Staaten erforderten. Unter anderem nannte er den Umweltschutz, insbesondere den Schutz des Amazonas-Gebiets, die soziale und wirtschaftliche Entwicklung, das öffentliche Gesundheitswesen und die Lebensmittelsicherheit.

Mit Blick auf den Gipfel der südamerikanischen Staaten am Dienstag in Brasília sagte der Venezolaner, dass seine Regierung erneut den Schaden thematisieren werde, den Blockaden und Sanktionen der USA und der EU der venezolanischen Bevölkerung zufügten. Er werde sich dafür einsetzen, dass die Staaten der Region Washington auffordern, die Strafmaßnahmen gegen Venezuela und andere Nationen der Welt aufzuheben.

"Die gerade entstehende Welt darf keine Welt sein, die von Sanktionen, der wirtschaftlichen Verfolgung und der Erpressung durch den US-Dollar geprägt ist. Es muss eine Welt mit einer wahren Finanz- und Währungsfreiheit sein."

Lula kritisierte auf der Presserunde die massive mediale Kampagne gegen die Regierung in Caracas, deren Ziel es sei, Venezuela in Verruf zu bringen und die dortige Realität zu entstellen. Es sei absurd zu behaupten, dass Maduro kein vom Volk gewählter Präsident Venezuelas sei. Der Brasilianer kritisierte zudem die Entscheidung Großbritanniens scharf, 31 Tonnen der venezolanischen Goldreserven der Opposition um den "Schwindler" Juan Guaidó zuzusprechen.

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