Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro hat am Samstag auf Twitter bestätigt, dass fünf Guerilla-Bewegungen einseitig eine Waffenruhe begonnen haben. Der linke Politiker nannte unter den Teilnehmern der Waffenruhe die sogenannte Nationale Befreiungsarmee (ELN), die beiden Splitter-Gruppierungen der früheren FARC-Rebellen Segunda Marquetalia und Estado Mayor Central sowie bewaffnete Organisationen aus der Sierra Nevada und aus Buenaventura. Auf Twitter schrieb Petro:
"Wir hoffen, dass daraus echte Friedensprozesse resultieren."
Zuvor hatte die ELN, die sich derzeit unter Venezuelas Vermittlung in Friedensverhandlungen mit Kolumbiens Regierung befindet, für die Zeit vom 24. Dezember bis zum 2. Januar eine "einseitige Waffenruhe" verkündet, "um an diesen Weihnachtstagen eine friedliche Stimmung zu schaffen". Gleichzeitig präzisierten ELN-Vertreter in einer Videobotschaft, dass der Waffenstillstand nur für das Militär und die Staatspolizei gelte. Für den Fall einer Attacke behalte sich die Organisation das Recht auf Selbstverteidigung vor.
Das Büro des Hohen Kommissars für den Frieden in Kolumbien teilte am selben Tag auf Twitter mit, dass die Estado Mayor Central, die die meisten FARC-Splittergruppen vereint, ebenfalls bis zum 2. Januar eine Waffenruhe ausgerufen habe. Auch die sogenannten Konquistador-Selbstverteidigungskräfte der Sierra Nevada seien dem Beispiel gefolgt, verlautete es aus der Friedensbehörde in Bogotá. Dabei wurde betont:
"Die Regierung von Gustavo Petro hält am Aufbau des Friedens fest und erwartet die Benennung von Wortführern für den Dialog."
Ihrerseits verkündete die FARC-Splittergruppe Bloque Magdalena Medio einen einseitigen Waffenstillstand bis zum 7. Januar. In einem Video rief die Miliz andere Guerilla-Gruppen dazu auf, den historischen Moment, in dem sich das Land gerade befinde, zu nutzen, und dem von Präsident Petro angestrebten "totalen" Friedensprozess "keinen Knüppel zwischen die Beine zu werfen".
Kolumbien hatte 52 Jahre lang unter einem Bürgerkrieg zwischen linken Rebellen, rechten Paramilitärs und den Streitkräften gelitten. Dadurch kamen etwa 220.000 Menschen ums Leben. Millionen wurden vertrieben. Im Jahr 2016 schloss die Regierung von Juan Manuel Santos ein Friedensabkommen der damals größten Guerilla-Gruppierung FARC, und die Sicherheitslage verbesserte sich zunächst.
Santos’ Nachfolger Iván Duque kündigte im Januar 2019 den Dialog mit der anderen Guerilla ELN auf, nachdem bei einem Anschlag auf eine Kadettenschule in Bogotá mehr als 20 Menschen getötet und 60 weitere verletzt worden waren.
Nach der Wahl Petros zum neuen Staatschef signalisierte der linke Politiker seine Bereitschaft, den Dialog mit den bewaffneten Gruppen fortzusetzen.
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