Rómulo Calvo, der Vorsitzende des Zivilen Komitees für Santa Cruz, hat am Montag bekanntgegeben, dass seine Organisation den vor mehr als drei Wochen gestarteten unbefristeten Streik fortsetzen werde. In einem Interview für das Nachrichtenportal Unitel, erklärte Calvo, dass die Opposition die Regierung in La Paz so lange unter Druck setzen werde, bis eine schriftliche Garantie vorliege, dass die Ergebnisse der Volkszählung vor den Parlamentswahlen im Jahr 2025 umgesetzt werden.
Somit widerlegte der Komitee-Chef frühere Berichte, wonach die Protestierenden ihren Streik binnen 72 Stunden nach Bekanntgabe des Termins der Volkszählung aufheben wollten. Calvo zufolge habe es sich dabei in der Tat um eine Forderung an die Regierung des Andenlandes gehandelt, "politische Gefangene" innerhalb von drei Tagen freizulassen. Der Anführer der Protestierenden betonte dabei:
"Wir wollen den Zensus im Jahr 2023. Aber das Wichtigste ist, dass wir seine Ergebnisse im Jahr 2024 haben wollen, damit sie bei den Wahlen im Jahr 2025 umgesetzt werden können."
Der Streik hatte am 22. Oktober begonnen, nachdem die bolivianischen Behörden beschlossen hatten, den zunächst für diesen November anberaumten Zensus auf das Jahr 2024 zu verlegen. Als Begründung wurden technische Probleme und die COVID-19-Pandemie genannt. Der Aufschub stieß in Santa Cruz auf Kritik, da diese wirtschaftsstärkste und bevölkerungsreichste Provinz des Andenlandes bei den nächsten Parlamentswahlen aufgrund der Volkszählung mehr Abgeordnete stellen könnte. Protestierende versperrten Straßen in der Region. Es kam zu Engpässen bei der Lebensmittelversorgung. Bei Auseinandersetzungen kamen mindesten vier Menschen ums Leben.
Am Freitag hatte der bolivianische Präsident und Regierungschef Luis Arce den Zensus für den 23. März 2024 angesetzt. Der Politiker warf den Protestierenden vor, seine Regierung destabilisieren zu wollen. Gleichzeitig kündigte er an, dass die Umverteilung der Quoten in Bezug auf die Parlamentssitze aufgrund der Ergebnisse des Zensus schon im September 2024 beginnen werde.
Der aktuelle politische Protest in Bolivien dreht sich im Kern um eine ursprünglich für November 2022 angesetzte Volkszählung, die die Regierung in La Paz wegen technischer Probleme bei der Durchführung auf das Jahr 2024 verschoben hat. Die Führung der Region Santa Cruz um Gouverneur Luis Fernando Camacho fordert hingegen die Umsetzung des Zensus noch im Jahr 2023. Bei dem Konflikt geht es unter anderem um neue Quoten für die nach der Bevölkerungsanzahl der Regionen verteilten Parlamentssitze. Santa Cruz als wirtschaftsstärkste und bevölkerungsreichste Region erwartet, aufgrund der Volkszählung mehr Abgeordnete als bisher im Nationalparlament stellen zu können. Sollte der Zensus erst im Jahr 2024 durchgeführt werden, wäre dies bei den nächsten Wahlen im Jahr 2025 noch nicht der Fall.
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