Der bolivianische Präsident und Regierungschef Luis Arce hat angeordnet, die nächste Volkszählung im Andenland am 23. März 2024 durchführen zu lassen – etwa ein Jahr später als von der Opposition gefordert. Arce erklärte in seiner Ansprache an die Nation, der Streit um das Austragungsdatum für den Zensus sei von seinen Gegnern politisch missbraucht worden. Der linke Politiker verurteilte die gewaltsamen Protestaktionen in der Provinz Santa Cruz, bei denen mindestens vier Menschen ums Leben gekommen waren.
Mit Blick auf den Gouverneur von Santa Cruz, Luis Fernando Camacho, und andere Amtsträger sagte Arce:
"In einer Demokratie leben mehrere Positionen zusammen. Eine Demokratie bedeutet jedoch auch, dass Entscheidungen im Interesse der Mehrheit getroffen werden."
Er verwies außerdem darauf, dass die Führung der Provinz nicht für alle Einwohner spreche, sondern nur einen Teil der dortigen Bevölkerung repräsentiere.
Arce teilte mit, dass der vorige Zensus im Jahr 2012 ohne Berücksichtigung der fälligen kartographischen Änderungen durchgeführt worden sei. Diese komplexe Aufgabe werde gerade umgesetzt. Diese notwendige Vorbereitungsmaßnahme sei eben einer der Gründe dafür, dass man die ursprünglich für diesen November anberaumte Volkszählung verschoben habe. Gleichzeitig kam der Präsident der Opposition entgegen, indem er versicherte, dass die Umverteilung der Quoten in Bezug auf die Parlamentssitze aufgrund der Ergebnisse des Zensus schon im September 2024 stattfinden werde.
Der Regierungschef traf die Entscheidung 21 Tage, nachdem die Opposition in der Provinz Santa Cruz einen unbefristeten Streik ausgerufen hatte. Die Protestler forderten die Regierung in La Paz auf, den Zensus spätestens im Jahr 2023 durchführen zu lassen, damit seine Ergebnisse bei den Parlamentswahlen im Jahr 2025 berücksichtigt würden. Der Streit war noch im Juli ausgebrochen, als die Behörden die für diesen November anberaumte Volkszählung verschoben hatten. Als Begründung wurden technische Probleme und die COVID-19-Pandemie genannt. Der Aufschub stieß in Santa Cruz auf Kritik, da diese wirtschaftsstärkste und bevölkerungsreichste Provinz des Andenlandes bei den nächsten Parlamentswahlen aufgrund der Volkszählung mehr Abgeordnete stellen könnte. Gouverneur Camacho rief für diesen Sonntag eine Beratung ein, um das weitere Vorgehen zu prüfen.
Nach Angaben der Regierung kostet der Streik wegen der damit verbundenen Probleme in den Bereichen Handel, Transport und Export das Land 36 Millionen US-Dollar täglich.
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