Am Montag hat die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) das Tun der internationalen Gemeinschaft angesichts der politischen und institutionellen Krise, mit der der Karibikstaat Haiti konfrontiert ist, als "Niederlage" bezeichnet. In einer Mitteilung vom 8. August schrieb die Organisation:
"Die letzten 20 Jahre Präsenz der internationalen Gemeinschaft in Haiti machen eine der größten und eindeutigsten Niederlagen deutlich, die sich jemals im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit vollzogen haben."
Nach Ansicht der OAS sei die schwierige Situation in Haiti eine direkte Folge von Aktivitäten der inländischen Kräfte und der internationalen Gemeinschaft. Gleichzeitig wurde in der Mitteilung betont, dass diese Kritik nicht jene Menschen betreffe, die sich in dem Karibikstaat uneigennützig als Freiwillige engagiert und in manchen Fällen sogar ihr Leben für Haiti verloren hätten.
In ihrem Statement setzte die OAS das Drama von Haiti mit der "falschen politischen Strategie" der internationalen Gemeinschaft in den letzten 20 Jahren in Verbindung. So sei es ihr in all dieser Zeit nicht gelungen, eine Institution einzurichten, die sich der Probleme der Haitianer hätte annehmen können. In den letzten zwei Jahrzehnten sei keine Institution im Karibikstaat stärker geworden.
"Unter diesem Schirm der internationalen Gemeinschaft sind kriminelle Banden aufgekeimt, die heute das Land und sein Volk plagen. Unter diesem Schirm haben sich der Prozess der Deinstitutionalisierung und die politische Krise vollzogen, die wir jetzt erleben."
Abschließend stellte die OAS fest, dass sich die internationale Gemeinschaft aus Haiti zurückgezogen und nur Chaos, Zerstörung und Gewalt zurückgelassen habe.
Inzwischen wurden gut ein Jahr nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse am 7. Juli 2021 bei Bandenkriegen in der Hauptstadt Port-au-Prince Hunderte von Menschen getötet. Nach UN-Angaben sollen im Zeitraum vom 8. bis zum 17. Juli mindestens 471 Einwohner getötet worden sein – vor allem im Armenviertel Cité Soleil. Es gab zudem Berichte über schwere Fälle sexueller Gewalt gegen Frauen und Kinder. Rund 3.000 Menschen mussten den Angaben zufolge ihr Zuhause verlassen. Das örtliche UN-Büro twitterte am 13. Juli, insgesamt könnten sich in der Stadt 1,5 Millionen Menschen wegen Bandengewalt nicht mehr frei bewegen und hätten keinen Zugang zur Grundversorgung.
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