Eine Splittergruppe der früheren kolumbianischen Guerilla-Bewegung FARC-EP hat sich am Mittwoch bereit gezeigt, mit dem gewählten linken Präsidenten Gustavo Petro über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Der Anführer der bewaffneten Gruppierung, Iván Mordisco, teilte in einer Videobotschaft mit:
"Als FARC-EP haben wir uns aufgrund unserer Auffassung und aus Überzeugung eine politische Lösung für die Gewalt vorgenommen, die der Staat entfesselt hat."
Mordisco lud die künftige Regierung dazu ein, Bedingungen für einen bilateralen Waffenstillstand zu schaffen. Petro und seine gewählte Vizepräsidentin Francia Márquez bezeichnete der Guerilla-Anführer als "echte Vertreter der Wünsche der Volksklassen". Außerdem sollten effiziente Mechanismen ausgehandelt werden, damit sich Vertriebene und Verarmte an der Erarbeitung eines Strukturwandels beteiligen könnten, der für den neuen Kurs erforderlich sei. Allen Kolumbianern müsse ein würdiges Leben garantiert werden.
Mitte Juli hatte der bislang amtierende Präsident Iván Duque erklärt, Mordisco sei bei einem Luftangriff getötet worden. Der Polizei- und Militäreinsatz habe in einer ländlichen Zone in der Provinz Caquetá stattgefunden. Verteidigungsminister Diego Molano und Polizeichef Jorge Luis Vargas teilten damals auf einer Pressekonferenz mit, dass der Tod des Guerilla-Anführers als sicher gelte, obwohl man seine Leiche nicht gefunden habe. Demnach seien bei dem Luftangriff auch die Geliebte von Mordisco und andere Mitglieder seines nahen Umfelds ums Leben gekommen.
Laut örtlichen Medien hatte sich diese Splittergruppe der FARC-EP aus Kämpfern zusammengesetzt, sie sich nicht an dem unter Präsident Juan Manuel Santos im Jahr 2016 erzielten Friedensabkommen beteiligt hatten. Darüber hinaus griffen einige frühere FARC-Kämpfer nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens erneut zu den Waffen und kehrten in den Untergrund zurück.
Sie gründeten eine zweite Splittergruppe mit dem Titel Segunda Marquetalia. Ihr Anführer, Luciano Marín alias Iván Márquez, begründete die Rückkehr zum bewaffneten Widerstand damit, dass die Regierung von Duque ihre Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Am 22. Juli rief die Guerilla den gewählten Präsidenten Petro zu einem Dialog auf, "um den Krieg zu stoppen."
Kolumbien hatte 52 Jahre lang unter einem Bürgerkrieg zwischen linken Rebellen, rechten Paramilitärs und dem Militär gelitten. 220.000 Menschen kamen dabei ums Leben, Millionen wurden vertrieben. Im Jahr 2016 schloss die Regierung einen Friedensvertrag mit der linken FARC-Guerilla.
Die Wiedereingliederung der ehemaligen Rebellen ins zivile Leben gestaltet sich allerdings schwierig. Auch die kleinere Guerillagruppe ELN kämpft noch immer gegen den Staat. Zwar hat sich die Sicherheitslage verbessert, aber gerade auf dem Land werden noch immer große Gebiete von bewaffneten Banden kontrolliert.
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