Seit Wochen auf Flughafen in Argentinien gestrandet: USA wollen venezolanische 747 beschlagnahmen

Argentinische Behörden setzten Anfang Juni ein venezolanisches Frachtflugzeug auf dem Flughafen Ezeiza in Buenos Aires fest. Sie glauben, dass der Frachtflug bloß eine Tarnung für iranische Geheimdienstoperationen in der Region war. Jetzt wollen die USA den Jet einkassieren.

Es ist ein seltsamer Fall, der zunehmend an einen Spionagethriller erinnert. Ein Frachtflugzeug vom Typ Boeing 747-300M, das der staatlichen venezolanischen Empresa de Transporte Aéreocargo del Sur (Emtrasur) gehört, wollte Anfang Juni lediglich einen kurzen Zwischenstopp auf dem internationalen Flughafen Ezeiza in Buenos Aires einlegen. Geplant war es, die argentinische Hauptstadt noch am selben Tag wieder zu verlassen. Doch daraus wurde nichts, denn die Insassen des Fliegers wurden verhaftet. Seither steht der Jumbo-Jet in Buenos Aires. Allerdings nicht mehr lange, zumindest wenn es nach der Regierung der Vereinigten Staaten geht. 

Während Argentiniens Behörden befürchten, dass die verhafteten Personen möglicherweise in Verbindung mit iranischen Terrorzellen stehen, möchte das US-Justizministerium, dass der Jumbo in die USA geflogen wird, um ihn wegen Verstößen gegen die US-Ausfuhrkontrollgesetze zu beschlagnahmen.

Im Mittelpunkt des Streits steht ein 36 Jahre altes Frachtflugzeug vom Typ Boeing 747-300M, das am 6. Juni auf dem internationalen Flughafen Ezeiza (EZE) in Buenos Aires landete und von den argentinischen Behörden daraufhin am Weiterflug gehindert wurde. Der Jumbo ist das einzige Flugzeug von Emtrasur. Bevor es Anfang des Jahres dahin übernommen wurde, flog es für UTA, eine Tochtergesellschaft von Air France. Dazwischen war der Flieger allerdings für die iranische Fluggesellschaft Mahan Airlines in der Luft – und genau da liegt der Kern des Problems.

Bei der Landung in Argentinien befanden sich 19 Personen an Bord des Frachters. Das machte die argentinischen Behörden stutzig. Normalerweise sind Frachtflugzeuge mit kleinerer Besatzung unterwegs. Die Überprüfung der Namensliste bestätigte die Vermutung der Argentinier. Der Kapitän des Jumbos, Gholamreza Ghasemi, wurde schnell als ehemaliger Kommandeur des Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) und als Aktionär und Vorstandsmitglied der iranischen Fluggesellschaft Qeshm Fars Air identifiziert.

Die USA (und viele andere Länder) haben die Qods-Truppe des IRGC als terroristische Organisation eingestuft. Er war auch an den Flügen von Fars Air Qeshm beteiligt, mit denen Waffen und Munition via Libanon nach Syrien transportiert worden sind. Dass der ehemalige General für Emtrasur Flugzeuge steuert, ließ bei den Behörden Argentiniens sämtliche Alarmglocken klingeln. Inzwischen setzte ein argentinisches Gericht zwar zwölf der neunzehn inhaftierten Personen auf freien Fuß, sieben von ihnen, darunter auch Kapitän Ghasemi, halten die Behörden jedoch weiterhin fest. Bei den Festgenommenen soll es sich um vier Iraner und drei Venezolaner handeln.

Und während die Argentinier weiter ermitteln, forcieren die Amerikaner derweil die Beschlagnahmung des Fliegers. So hat das US-Justizministerium unlängst erklärt, dass der Jumbo beschlagnahmt werden müsse, weil er ohne Genehmigung der USA von Mahan Air an EMTRASUR übergeben worden war. Das verstoße gegen die US-Ausfuhrkontrollgesetze. "Wie in der Beschlagnahmeanordnung erklärt wird, hat Mahan Air im oder um den Oktober 2021 gegen die Vorläufige Verweigerungsanordnung und die US-Ausfuhrkontrollgesetze verstoßen, als sie Emtrasur ohne Genehmigung der US-Regierung den Besitz und die Kontrolle über das Boeing-Flugzeug übertrug", heißt es in einer Erklärung des Justizministeriums.

"Weitere Verstöße gegen die US-Ausfuhrkontrollgesetze erfolgten zwischen Februar und Mai 2022, als Emtrasur das Flugzeug ohne Genehmigung der US-Regierung zwischen Caracas (Venezuela), Teheran (Iran) und Moskau (Russland) reexportierte", teilte das Ministerium weiter mit.

Mahan Air landete schon im Jahr 2011 auf der Sanktionsliste der Vereinigten Staaten. Die USA werfen ihr vor, Waffen zu transportieren und Soldaten in Kriegsgebiete im ganzen Nahen Osten zu fliegen. Amerikanischen Firmen dürfen mit ihr keine Geschäfte machen. "Das Justizministerium wird keine Transaktionen dulden, die gegen unsere Sanktions- und Ausfuhrgesetze verstoßen", sagte Matthew Olsen, Leiter der Abteilung für nationale Sicherheit des US-Justizministeriums, in einer Erklärung. "In Zusammenarbeit mit unseren Partnern auf der ganzen Welt werden wir Regierungen und staatlich unterstützten Organisationen kein Pardon gewähren, die versuchen, unsere Sanktions- und Exportkontrollregelungen zu umgehen, um ihre bösartigen Aktivitäten zu fördern."

Der seltsame Fall hat indes die Aufmerksamkeit mehrerer südamerikanischer Länder sowie der Vereinigten Staaten und Israels auf sich gezogen, da behauptet wird, dass das Flugzeug eine Tarnung für iranische Geheimdienstoperationen in der Region war. Iran und Venezuela bestreiten diese Behauptungen allerdings vehement. Unter den im beschlagnahmten Logbuch dokumentierten Flügen sind unter anderem eine Reise nach Teheran im April, ein Flug nach Paraguay im Mai, sowie Zwischenlandungen in Mexiko und Venezuela vor dem verhängnisvollen Flug im Juni nach Buenos Aires vermerkt. Die Behörden mehrerer Länder ermitteln nun gegen das Flugzeug und seine Aktivitäten.

Die Angelegenheit wurde Anfang dieser Woche erneut vor den argentinischen Gerichten verhandelt. Allerdings ist Argentinien dem Ersuchen der USA bislang noch nicht nachgekommen, somit bleibt der Jumbo-Jet auch weiterhin erst mal am Boden.

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