Einwohner einer mexikanischen Ortschaft haben einen Mitarbeiter des Abgeordnetenhauses brutal gelyncht. Der Zwischenfall ereignete sich in der Nacht zum 11. Juni in der Gemeinde Papatlazolco im Bundesstaat Puebla, als Daniel Picazo mit einer anderen Person in die Ortschaft Las Colonias im selben Bezirk Huauchinango fuhr. Ausschlaggebend war wahrscheinlich, dass der 31-jährige Anwalt am Steuer eines Kleintransporters saß: Zwei Tage zuvor hatte in der Region eine WhatsApp-Meldung die Runde gemacht, wonach die Eltern besser auf ihre Kinder aufpassen sollten, da in der Gegend Kindesentführer am Werk seien.
Nachdem jemand am 10. Juni per WhatsApp ein Gerücht in die Welt gesetzt hatte, dass zwei Insassen eines Kleintransporters versucht hätten, einen Minderjährigen zu entführen, verdächtigten die Einwohner von Papatlazolco Picazo und hielten ihn auf. Ohne jeglichen Grund und Beweis wurde der Anwalt in einen Park gezerrt, gefesselt, verprügelt, mit Benzin übergossen und in Brand gesetzt. Laut Medienberichten hätten sich etwa 30 Menschen unmittelbar an der Aggression beteiligt. Etwa 200 weitere hätten die Szene beobachtet und die Täter ermutigt. Picazos Begleitperson konnte sich retten.
Obwohl die Polizei und der Rettungsdienst am Ort des Geschehens eintrafen, konnten sie den Lynchmord nicht verhindern, da die Menschenmenge ihnen den Weg versperrte und die Beamten zahlenmäßig übertraf. Später wurde die Leiche des 31-Jährigen von Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Puebla geborgen. Es wurde eine Ermittlung eingeleitet.
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Die Angehörigen des Opfers teilten mit, dass Picazo Huauchinango oft besucht habe, weil sein Großvater ihm ein Haus dort vermacht habe. Er habe zuletzt in Mexiko-Stadt als Berater einer Abgeordneten gearbeitet. Diese äußerte sich auf Twitter bestürzt und sprach der Familie des Opfers ihr tiefstes Beileid aus. Die Politikerin bezeichnete ihren Assistenten als begabt, engagiert und mit großen Träumen für das Leben. Auch das Abgeordnetenhaus veröffentlichte auf Twitter ein Kondolenzschreiben.
Der Gouverneur von Puebla, Miguel Barbosa Huerta, nannte den Lynchmord einen "völlig abwegigen Akt der Barbarei", der durch "Vorurteile, Ignoranz und Gerüchte" provoziert worden sei. Er forderte die örtliche Bevölkerung auf, ihr soziales Verhalten zu regeln. Die Behörden von Huauchinango versprachen, den Mord aufzuklären und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen. Von Festnahmen wurde aber bislang nicht berichtet.
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