Dem Präsidenten von Chile, Sebastián Piñera, droht unter anderem wegen Enthüllungen aus den Pandora Papers die Amtsenthebung. Laut den Veröffentlichungen ist der Staatschef in Korruption und Steuervergehen im Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf einer Mine im Norden Chiles verwickelt. Die chilenische Generalstaatsanwaltschaft ordnete im Oktober Ermittlungen gegen Piñera in diesem Fall an.
Der Abgeordnete der oppositionellen Sozialistischen Partei, Jaime Naranjo, hielt am Montag seine Rede zur Anklage gegen den Präsidenten in der Abgeordnetenkammer für mehr als 15 Stunden. Der Schritt, der von einer beeindruckenden Beharrlichkeit des Abgeordneten zeugt, zielte darauf ab, dass ein Parteikollege von Naranjo, der auf das Ende seiner Corona-Quarantäne am 9. November wartete, ins Parlament kommen und dort seine Stimme abgeben konnte.
Naranjo las rund 1.300 Seiten seines Vortrags vor, wobei er lediglich zweimal Pause machte. Der Politiker begann sein Wort um halb elf am Morgenmontag und endete um halb zwei in der Nacht nächsten Tages. Während des Auftritts wurde Naranjo zweimal von einem Arzt untersucht.
Die Stimme des fehlenden Parteikollegen konnte entscheidend sein – und das Ergebnis war der Mühe wert. Die Mehrheit der Abgeordnetenkammer in der Hafenstadt Valparaíso erklärte in der Marathon-Sitzung am Dienstag eine verfassungsrechtliche Anklage für zulässig. Falls auch der Senat der Anklage gegen den Präsidenten zustimmt, wäre Piñera des Amtes enthoben. Derzeit ist es unklar, ob dort die notwendige Zweidrittelmehrheit erreicht wird.
Piñera weist die Korruptionsvorwürfe gegen ihn zurück und besteht darauf, dass das Verfahren gegen ihn politisch motiviert sei. Seine Verteidigung sieht in der drohenden Amtsenthebung ein politisches Wahlkampfmanöver. Am 21. November soll in Chile die erste Runde der Präsidentschaftswahl stattfinden.
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