Lateinamerika stehe vor einem historischen Kampf um die Verteidigung seiner Autonomie und Rechte, erklärte der venezolanische Außenminister Jorge Arreaza am Freitag im Gespräch mit dem Sender teleSUR. Demnach gehen die aktuell deutlichen Auseinandersetzungen mit dem "Imperialismus" auf eine gut 200 Jahre währende Geschichte zurück, die vom Kampf auch um natürliche Ressourcen und andere Vorteile geprägt ist.
Arreaza ging auch auf die Herausforderungen ein, mit denen mehrere Länder in der Region konfrontiert sind, darunter Untersuchungen einer Beteiligung des ehemaligen argentinischen Präsidenten Mauricio Macri am Putsch gegen Evo Morales im Jahr 2019, der Ermordung des haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse sowie von Zusammenstößen mit Paramilitärs in Caracas und der Proteste in Kuba. In einem exklusiven Interview mit teleSUR sagte er:
"Es ist ein historischer Streit um Territorium, um natürliche Ressourcen, um eine wunderbare geografische Position auf der Welt, und in den letzten Jahren haben sowohl die Umkehrung des Staatsstreichs in Bolivien als auch der Widerstand Venezuelas und der gesunde und friedliche Übergang in Kuba eine Wirkung gehabt."
Washington habe wiederholt mit Staatsstreichen reagiert, so Arreaza weiter und verwies auf die Ereignisse im letzten Jahrzehnt in Ländern der Region, darunter in Honduras im Jahr 2009, außerdem in Paraguay, in Venezuela und anderen Staaten, in denen die USA meist rechtsgerichtete Kandidaten finanzierten. Auch nahm er vor diesem Hintergrund Bezug zu den aktuellen Vorgänge in Kuba, Haiti und Bolivien, die jeweils keinesfalls isolierte Ereignisse seien. In der Sondersendung "Lateinamerika im Streit" warnte Arreaza:
"Wir müssen sehr wachsam sein, um zu verstehen, dass dies eine historische Auseinandersetzung ist und dass wir uns in dem Jahrzehnt befinden, in dem sie definiert werden muss."
Doch er zeigte sich optimistisch angesichts des Widerstands in der Region, der vor allem von der Mehrheit der jeweiligen Völker ausgehe. Denn laut Arreaza sind die Völker Lateinamerikas und der Karibik solidarisch und großzügig, die Linke entspreche ihrem Charakter, was womöglich einzigartig in der Welt sei und sich in sozialen Bewegungen, Organisationen und Gewerkschaften widerspiegele.
"Die Eliten, die sie regiert haben, versuchen zu verhindern, dass diese Völker die politische Macht kontrollieren. In der Demokratie regieren die Mehrheiten, die Mehrheiten sind bescheiden und revolutionär. Die Eliten verhindern das. Das passiert in den USA, in Honduras, Kolumbien und Chile, bis jetzt.", so der Außenminister. Die andauernden Auseinandersetzungen mit dem "Imperialismus" gingen dabei weit über die jeweilige Person im Weißen Haus hinaus. Und weiter:
"Es sind Konzerne, ein Netzwerk von Militär-, Finanz-, Kriegs- und Technologiekonzernen, die keine Nationalität respektieren und in einigen Regierungen vertreten sind, von denen die wichtigste die der USA ist."
Seine Regierung habe die Bereitschaft zum Dialog dennoch beibehalten, jedoch müssten die von Präsident Nicolás Maduro übermittelten Bedingungen erfüllt werden, um ein Ende der Aktionen und Pläne zu ermöglichen, durch die Gewalt erzeugt werde. "Wie viele Dinge zwischen Miami (USA) und Bogotá (Kolumbien) sind in den letzten Jahren nicht passiert? Es ist sehr schmerzhaft", kommentierte Arreaza und fügte hinzu, dass es notwendig sei, wachsam zu bleiben, "denn was in Haiti passiert ist, kann in jedem unserer Länder passieren".
"Wir waren nicht überrascht, dass es Söldner oder Kolumbianer (bei der Ermordung) waren. Was in Haiti passiert ist, gibt dem, was in Venezuela passiert ist, Wahrhaftigkeit", sagte der Außenminister. Die Maßnahmen der Behörden zur Zerschlagung krimineller Banden, die versuchten, Chaos in Venezuela zu erzeugen, stehen demnach in Zusammenhang damit.
Es mache insgesamt kaum einen Unterschied, so Arreaza, wer im Oval Office sitzt, da es sich um ein System handele, das vom "Imperialismus" geprägt ist. "Was in Kuba geschieht, ist typisch für die Taktik der Demokraten; was sie in anderen Ländern der Region versuchen, darunter mit 'zivilgesellschaftlichen' Organisationen, NGOs (Nichtregierungsorganisationen), das ist typisch für Demokraten. Die Republikaner sind frontaler.", so der Außenminister weiter.
Arreaza, der bereits seit vielen Jahren in der Politik tätig ist, betonte, dass es abgesehen von den jeweiligen aktuellen Ereignissen in Lateinamerika weiterhin um die Integration, den Frieden sowie den Dialog gehe. Sehr bald stehe unter anderem erneut ein Treffen der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (spanisch Comunidad de Estados Latinoamericanos y Caribeños, CELAC) bevor.
"Ich bin hoffnungsvoll, dass wir bis 2030 noch mehr Räume erobert haben werden als im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts", betonte der Diplomat in dem Interview.
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