Am Amazonas brennt es wieder

In den letzten Wochen brannten neun große Feuer im brasilianischen Amazonasgebiet – und läuteten damit eine neue Feuersaison ein. Laut Experten könnte es dieses Jahr nach einer langen Trockenperiode besonders schlimm werden.

Laut der Nachrichtenseite Mongabay haben sich in den letzten Wochen im brasilianischen Amazonasgebiet neun große Brände entzündet. Sie läuten den Beginn einer weiteren Feuersaison ein. Nach einem extrem trockenen Jahr befürchten Experten, dass es dieses Jahr besonders verheerend ausgehen könnte. "Die Regenzeit ist bereits vorbei und es war eine schlechte, trockene Regenzeit", sagte Marcelo Seluchi, ein Meteorologe in Brasiliens nationalem Weltraumforschungsinstitut (INPE) gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Er ergänzte: "Die Feuersaison wird wahrscheinlich schlimm sein." Der erste große Brand des Jahres ereignete sich am 19. Mai in der Nähe der Grenze des Staatsparkes Serra Ricardo Franco im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso am südlichen Rand des Amazonasgebietes. Das berichtet die Amazon Conservation Association in ihrem Monitoring für das Andean Amazon Project (MAAP).

Bislang ereigneten sich alle neun Brände dieses Jahres im Bundesstaat Mato Grosso und waren im Durchschnitt jeweils etwa 200 Hektar groß. Das entspricht einer Fläche des Fürstentums Monaco. Alle Brände traten dem Bericht zufolge auf zuvor abgeholztem Land auf, was eine "sehr starke Verbindung zwischen der jüngsten Abholzung und Bränden im brasilianischen Amazonasgebiet" aufzeige, so Matt Finer, leitender Forschungsspezialist und Direktor von MAAP gegenüber Mongabay.

Im Amazonasgebiet werden die Wälder oft während der Regenzeit (Dezember bis April) abgeholzt und während der Trockenzeit (zwischen Mai und Oktober) verbrannt. Dieser Zyklus der Brandrodung wird häufig von Landräubern, Bauern und Landbesitzern bevorzugt, die das Land für den Verkauf und für die Nutzung durch die Agrarindustrie, insbesondere als Viehweide, umwandeln. "Mit anderen Worten, es ist nicht jedes Jahr ein Problem mit Waldbränden", sagte Finer. "Es ist ein Entwaldungsproblem, gefolgt von einem Feuerproblem jedes Jahr." Im Jahr 2020 brannten laut MAAP zwischen Ende Mai und Anfang November mehr als 2.500 Großbrände im brasilianischen Amazonasgebiet. Obwohl die Mehrheit der Brände sich im Jahr 2020 auf gerodetem Land entzündete, zeigte sich ein verblüffender neuer Trend – mehr als 41 Prozent der Großbrände traten im dicht bewachsenen Amazonas-Regenwald auf.

"Wenn sie brennen, brennen sie"

Brände kommen im Amazonas-Regenwald nicht natürlich vor. Damit Brände in einem Wald entstehen können, sind bestimmte Bedingungen notwendig, nämlich ein trockenes Jahr und Brandquellen auf benachbarten Flächen. Diese Brandquellen, die fast ausschließlich von Menschen stammen, können durch ausufernde landwirtschaftliche Brände entstehen oder durch illegal gelegte Feuer. MAAP schätzt, dass im vergangenen Jahr fast 2,2 Millionen Hektar des brasilianischen Amazonas-Regenwaldes verbrannt sind. Das ist eine Fläche, die in etwa der Größe von Wales in Großbritannien entspricht.

Mit Blick auf den Rest des Jahres 2021 sagte Finer, dass ähnliche Muster wie im letzten Jahr im brasilianischen Amazonasgebiet erwartet werden. Das sind Brände in kürzlich abgeholzten Gebieten zu Beginn der Saison (Juni bis August) und eine mögliche Verlagerung zu Bränden in dicht bewachsene Wälder, wenn die Trockenzeit intensiver wird. Die Überwachung und Kontrolle von Bränden vor Ort und die Fähigkeit, diejenigen, die illegale Brände legen, strafrechtlich zu verfolgen, waren in den letzten Jahren begrenzt. Diese Einschränkungen werden sich nach Ansicht von Mongabay wahrscheinlich fortsetzen, da die Absichten der Regierung und der Strafverfolgungsbehörden (wie IBAMA), den Wald zu schützen, unter der aktuellen brasilianischen Regierung größtenteils nicht mehr finanziert würden.

Gleichzeitig habe die Pro-Agrarindustrie und anti-indigene Rhetorik des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro Landräuber und Viehzüchter dazu ermutigt, mehr Wald zu roden und zu verbrennen sowie in geschützte Gebiete und indigene Territorien einzudringen, wie Mongabay weiter schreibt. "Was passiert, ist, dass die Leute das Gefühl haben, dass ihnen nichts passieren wird, wenn sie brennen, und dann brennen sie", sagte Maria Silva Dias, eine Atmosphärenwissenschaftlerin an der Universität von Sao Paulo in einem Interview mit Reuters. "Es ist nicht nur das Klima, es hängt alles davon ab, ob das Gesetz durchgesetzt wird."

Mehr zum ThemaJahrhundert-Hochwasser im Amazonasbecken: Flüsse um Manaus brechen Rekorde