Kubas Ministerrat hat eine weitreichende Reform des Privatsektors beschlossen. Nach einem Bericht des Lateinamerika-Portals Amerika21 plant die kubanische Regierung, künftig mehr als 2.000 beim Arbeitsministerium registrierte Berufe für private Geschäftsgründungen in Frage kommen zu lassen. Bisher waren lediglich 127 Tätigkeiten dafür zulässig.
Kuba erlaubte die Gründung kleinerer Privatbetriebe als "Arbeit auf eigene Rechnung" (Cuentapropismo) erstmals in den 1990er Jahren. 2010 veröffentlichte das Land eine Liste mit genau spezifizierten Tätigkeiten – die sogenannte Positivliste –, die seither mehrfach erweitert wurde. Diese Liste wird nun ersetzt durch eine Negativliste von Tätigkeiten, deren privatwirtschaftliche Ausführung Einschränkungen unterliegt.
Die kubanische Arbeitsministerin Marta Elena Feito äußerte dazu gegenüber der Zeitung Granma:
"Von den mehr als 2.000 Aktivitäten des nationalen Berufsindexes, die jetzt auf eigene Rechnung ausgeübt werden können, sind lediglich 124 teilweise oder vollständig limitiert."
Mit der Abschaffung der Positivliste soll das Genehmigungsverfahren entschlackt werden. Anstelle des Arbeitsministeriums sind künftig die jeweiligen Provinzen für die Ausgabe von Lizenzen verantwortlich. Zudem soll das bereits von ausländischen Investitionen bekannte "One-Stop-Shop"-Verfahren zum Einsatz kommen: Alle notwendigen Behördengänge und Genehmigungen sollen an einer einzigen Stelle bearbeitet werden.
Die Ausweitung des Privatsektors untermauert den Paradigmenwechsel in dem sozialistischen Land. Mit dem Schritt plant die kubanische Regierung, neue Arbeitsplätze zu schaffen und zugleich das Verhältnis zwischen Staats- und Privatwirtschaft neu abzustecken. Im Januar hatte Kuba mit der Abschaffung des konvertiblen Pesos (CUC), der Angleichung der Wechselkurse und der Reduzierung von Subventionen weitere Schritte in Richtung wirtschaftlicher Neuausrichtung unternommen.
Aufgrund dieser Schritte hat sich der Andrang auf den kubanischen Arbeitsämtern in den vergangenen Wochen deutlich erhöht. Bis Anfang Februar bemühten sich mehr als 81.000 Personen um eine Stelle, von denen rund die Hälfte vermittelt werden konnte. Damit ist das Anfang Januar vorgestellte Kontingent von rund 34.000 Jobs im Staatssektor ausgeschöpft. Mitte Januar meldete Granma, dass 16.000 kubanische Familien Hilfspakete vom staatlichen Sozialhilfeprogramm erhalten haben.
Der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel Bermúdez schrieb über die beschlossenen Maßnahmen auf Twitter:
"Unser Ministerrat erweitert die Möglichkeiten, auf eigene Rechnung zu arbeiten, und hebt die Beschränkungen zum Nutzen der über 600.000 in dem Bereich Arbeitenden, die von der Verschärfung der Blockade und den Auswirkungen der Pandemie schwer betroffen sind, auf."
Derzeit arbeiten etwa 600.000 Kubaner "auf eigene Rechnung" – dies entspricht 13 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung. Der Bereich soll in Zukunft mit einem Gesetz über kleine und mittlere Unternehmen eine eigene Rechtsfigur erhalten. Die Ausweitung des Privatsektors wurde bereits letzten Sommer als Teil der neuen Wirtschaftsstrategie des Landes angekündigt. Das bisherige starre System mit festgelegten erlaubten Berufen würde "die Kreativität der Kubaner einschränken", erklärte Arbeitsministerin Feitó Cabrera damals.
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