Der argentinische Senat hat am 30. Dezember mit 38 zu 29 Stimmen bei einer Enthaltung eine Vorlage für Abtreibungsrecht angenommen. Abtreibungen sind in Argentinien künftig bis zur 14. Schwangerschaftswoche erlaubt. Zuvor war der Abbruch von Schwangerschaften in dem südamerikanischen Land nur in besonderen Fällen erlaubt, etwa nach einer Vergewaltigung oder bei Gefahr für das Leben der Mutter.
Während der rund 13-stündigen Abstimmung demonstrierten vor dem Senat Tausende Bürger (überwiegend Frauen) mit grünen Tüchern dafür, mit hellblauen dagegen. Nach Bekanntwerden der Entscheidung lagen sich die Befürworterinnen in den Armen und feierten. Gegnerinnen reagierten ungläubig und enttäuscht.
Argentinische Medien führten den Erfolg der Initiative unter anderem darauf zurück, dass zuvor Unentschlossene ihre Stimme zugunsten einer Liberalisierung abgegeben hätten. Im Jahr 2018 war ein Gesetz für ein liberales Abtreibungsrecht im Parlament noch knapp gescheitert. Obwohl Senatorin Silvina García Larraburu damals gegen die Gesetzesvorlage gestimmt hatte, unterstützte sie diesmal freie Abtreibungen. Während der Debatte begründete sie ihre Entscheidung:
"Ich stimme für freie Frauen, für Frauen, die nach ihrem eigenen Gewissen entscheiden können."
Präsident Alberto Fernández, der mit der Gesetzesinitiative ein Wahlversprechen umsetzte, schrieb auf Twitter:
"Heute sind wir eine bessere Gesellschaft, die die Rechte der Frauen erweitert und die öffentliche Gesundheit garantiert."
Schätzungen zufolge gab es in dem südamerikanischen Land pro Jahr zwischen 370.000 und 520.000 heimliche Abtreibungen in Privatkliniken oder Hinterzimmern. Dabei kam es immer wieder zu Komplikationen und auch zu Todesfällen. Norma Durango, Präsidentin der Spezialkommission für Frauen im Senat, erklärte in der Debatte:
"Wenn die Abtreibung im Verborgenen bleibt, werden weiterhin Frauen sterben. Die Alternative ist legale Abtreibung oder heimliche Abtreibung."
Gegner, wie der Präsident der Gesundheitskommission, beriefen sich hingegen auf das Recht auf Leben von Mutter und Kind. Senatorin Inés Blas, die gegen das Gesetz stimmte, formulierte ihre Position wie folgt:
"Die Unterbrechung einer Schwangerschaft ist eine Tragödie. Sie beendet abrupt ein weiteres sich entwickelndes Leben."
Der aus Argentinien stammende Papst Franziskus hatte sich vor der Abstimmung gegen die Legalisierung ausgesprochen. In der Heimat des Papstes spielt die katholische Kirche bis heute auch als politischer Faktor eine wichtige Rolle.
Nach der vorherigen Gesetzgebung von 1921 machten sich bei einer Abtreibung nicht nur die Ärzte, sondern auch die Frauen strafbar. Illegale Schwangerschaftsabbrüche wurden bis zu vier Jahren Gefängnis bestraft.
Die Gesetzesänderung in Argentinien, einem der Schwergewichte der Region, kann Signalwirkung ausüben. In den meisten anderen lateinamerikanischen Staaten, ebenfalls christlich geprägten, sind Schwangerschaftsabbrüche nur in Ausnahmefällen erlaubt. Einzig in Ländern wie Uruguay, Kuba, Guyana, Französisch-Guyana und in Teilen Mexikos sind sie legal. In El Salvador sind Abtreibungen sogar grundsätzlich verboten und werden mit Freiheitsstrafen geahndet. Selbst Fehlgeburten werden mit drastischen Strafen belegt.
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(rt/dpa)