Ein zweiter Konvoi iranischer Tanker traf mit über 800.000 Barrel Treibstoff in Venezuela ein. Die unter der iranischen Flagge fahrenden Öltanker Forest, Faxon und Fortune entluden am 5. Oktober die Treibstofflieferungen in den Raffineriehäfen von El Palito und Paraguana. Seit Monaten befindet sich die Benzinversorgung in Venezuela in einem kritischen Zustand. Das Land ist besonders von der Coronavirus-Pandemie betroffen, und die Wirtschaftskrise wird durch die Wirtschaftssanktionen der USA noch verschärft. Wegen der Treibstoffknappheit im ölreichen Venezuela schickte der Iran bereits im Mai fünf Öltanker auf die lange Reise nach Venezuela, um dem Land zu helfen.
In diesem Zusammenhang gab die Regierung in Caracas ein neues Rationierungssystem für Kraftstoffe bekannt, das am Montag in Kraft trat. Präsident Nicolás Maduro kündigte an, weitere Lieferungen aus dem Iran seien gesichert, das Land müsse jedoch seinen Benzin- und Dieselbedarf mit der heimischen Produktion decken. Am vergangenen Dienstag hatte die Regierung der Verfassunggebenden Versammlung den Entwurf für ein Anti-Blockade-Gesetz vorgelegt, mit dem sie die Auswirkungen der einseitigen Wirtschaftssanktionen der USA gegen Venezuela bekämpfen will. Das Gesetz soll den Staat mit neuen institutionellen und rechtlichen Instrumenten ausstatten, um der US-Blockade zu begegnen. Der venezolanische Präsident kündigte ebenfalls die Zusammenarbeit mit den iranischen Spezialisten im Bereich der Ölindustrie trotz der Sanktionen Washingtons gegen beide Länder an, berichtete der Fernsehersender Press TV.
Während die Öl- und Gaskonzerne weltweit aus Angst vor US-Sanktionen das Geschäft mit Venezuela meiden, hilft der Iran als einziges Land Caracas dabei, seine Raffinerien wieder in Betrieb zu nehmen, um damit die akute Treibstoffknappheit überwinden zu können. In einem umstrittenen Alleingang und gegen den Willen des UN-Sicherheitsrates erklärte die US-Regierung kürzlich alle UN-Sanktionen gegen den Iran wieder für gültig. Die Sanktionen waren nach dem Abschluss des internationalen Atomabkommens von 2015 ausgesetzt worden. Die USA haben mehrfach dem Iran mit der Festsetzung der iranischen Öltanker gedroht, wenn das Land erneut nach Venezuela Schiffe schicken wollte.
Allerdings hat der Iran bislang Gegenmaßnahmen ergriffen, wenn seine Öltanker festgesetzt wurden. Großbritannien hatte im Sommer 2019 die mit iranischem Erdöl beladene "Grace 1" mit der Begründung festgesetzt, dass sie im Verstoß gegen EU-Sanktionen Erdöl nach Syrien transportieren wolle. Zwei Wochen nach der Festsetzung der "Grace 1" setzte der Iran im Persischen Golf ein britisches Schiff fest. Im August wurde nach Bekanntwerden der mutmaßlichen Konfiszierung des iranischen Treibstoffs ein weiterer Zwischenfall mit einem Öltanker bekannt. Eine Sondereinheit der iranischen Marine setzte für etwa fünf Stunden den unter liberianischer Flagge fahrenden Tanker "MT Wila" fest. Ein Schiff der US-geführten Marinemission "für den Schutz von Handelsschiffen" im Persischen Golf und der Straße von Hormus befand sich in der Nähe und filmte den Vorfall. Als nach Angaben der iranischen Behörde deutlich wurde, dass keine iranischen Öltanker in Gefahr gewesen seien, löste sich der Einsatz der iranischen Marinemission im Persischen Golf auf.
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