Ausgerechnet die von den USA mit einem historisch einmaligen totalen Embargo belegte sozialistische Karibikinsel zeigt sich in der Lage, ein Hightech-Medikament zu entwickeln und produzieren, das derzeit von Dutzenden Ländern, darunter mehreren Industrieländern wie Italien und Spanien im Kampf gegen das Coronavirus nachgefragt wird.
Das in Kuba entwickelte Medikament Heberon mit dem antiviralen Wirkstoff Interferon alpha 2B hat sich im Fall des neuartigen Virus als sehr wirksam erwiesen. Es wird in den "Leitlinien zum Umgang mit der COVID-19-Epidemie" der pharmazeutischen Vereinigung Chinas als erster antiviraler Wirkstoff bei der Behandlung von Patienten bei Erkrankung an COVID-19 empfohlen. Seit Ende Januar 2020 wird das Medikament im Rahmen eines kubanisch-chinesischen Joint-Ventures durch "Changchun Heber Biological Technology" auch direkt in der Volksrepublik hergestellt. Auch das US-Fachmagazin "Journal of Virology" bestätigt in einer aktuellen Veröffentlichung die Wirksamkeit von Interferon.
Interferone sind Signalproteine, die eine wichtige Rolle bei der körpereigenen Immunabwehr spielen. Sie helfen dem Immunsystem, vom Virus befallene Zellen leichter zu erkennen und dann gezielt die Vermehrung des Virus zu stören. Der kubanische Wirkstoff wurde bereits in den 1980er Jahren vom Zentrum für Genetik und Biotechnologie (CIGB) entwickelt und seither erfolgreich bei der Behandlung verschiedener Arten von Karzinomen, Hepatitis B und C, HIV und Denguefieber eingesetzt. Während der SARS-Epidemie im Jahr 2002 und der MERS-CoV-Epidemie von 2012 auf der arabischen Halbinsel bewährte sich das Medikament ebenfalls.
Diese erstaunliche Leistungsfähigkeit Kubas auf dem Gebiet der Biotechnologie und Pharmazie geht auf eine Initiative des im Jahr 2016 verstorbenen langjährigen Staatschefs und Anführer der Revolution in Kuba 1959, Fidel Castro, zurück. Nach einem Zusammentreffen mit dem US-amerikanischen Krebsspezialisten Randolph Lee Clark gab Fidel Castro im Jahr 1981 die Weisung, einen eigenen biotechnologischen Forschungssektor in Kuba aufzubauen. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten katapultierte sich Kuba dadurch – trotz aller Widrigkeiten – mittlerweile zu einer der führenden Nationen im Bereich der medizinischen Biotechnologie.
Wie inzwischen die deutsche Auslandshandelskammer in Havanna (AHK) bekanntgab, laufen derzeit Verhandlungen zwischen der staatlichen kubanischen Unternehmensgruppe BioCubaFarma und dem sächsischen Unternehmen Profümed in Brand-Erbisdorf über den Export des antiviralen Wirkstoffs Interferon Alpha-2B nach Deutschland. In Deutschland hat als erstes das Fachportal zu Lateinamerika Amerika21 über die Verhandlungen berichtet.
Laut Darlegung von Profümed und der AHK fehlen derzeit von deutscher Seite vor allem die Einfuhrgenehmigung sowie die Zulassung. Wie die kubanische Tageszeitung Granma berichtet, führt Kuba aktuell mit 45 Ländern Gespräche über den Export des Medikaments.
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Kuba selbst ist seit dem 11. März 2020 von der Corona-Pandemie betroffen. An diesem Tag wurden drei Touristen aus der Lombardei/Italien positiv auf das Virus getestet. Nur wenig später brach ein Team aus 53 kubanischen Ärzten und Pflegekräften der internationalistischen Medizinerbrigade "Henry Reeve" in die Lombardei auf. Diese besonders schwer vom Coronavirus betroffene norditalienische Region hatte formell Kuba um Hilfe gebeten.
130 kubanische Spezialisten sind außerdem in Venezuela im Einsatz, ein weiteres Ärzte-Kontingent ist nach Angola aufgebrochen. Insgesamt werden mittlerweile derzeit 13 Länder bei der Bekämpfung des Coronavirus von kubanischen Fachkräften unterstützt, 35 Anfragen weiterer Länder sind laut Amerika21 bereits bei kubanischen Behörden eingegangen.
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Mit dem Export von Interferon könnte die Insel einen weiteren Beitrag zur Bewältigung der globalen Corona-Krise leisten. Die Produktionskapazitäten sind – genauso wie die 22 anderen auf Kuba als "Corona-relevant" gelisteten Medikamente – laut Angaben des Herstellers BioCubaFarma abgesichert.
Gleichzeitig ist Kuba selbst vom Coronavirus und insbesondere von den dadurch verursachten wirtschaftlichen Konsequenzen betroffen, neben allen Sanktionen. In Deutschland ruft daher das Solidaritäts-Netzwerk Kuba zu Spenden für den Staat auf der Karibikinsel auf, dem mit dem Ausbleiben von Touristen nun die Devisen-Einnahmen auch aus diesem für die Insel wichtigsten Wirtschaftszweig fehlen.