Im Kampf gegen islamistische Terroristen in der afrikanischen Sahelregion zieht das Bundesverteidigungsministerium eine düstere Zwischenbilanz: "Die regional agierenden dschihadistischen Gruppierungen genießen weitgehende Bewegungsfreiheit und können deshalb, auch unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, uneingeschränkt agieren", teilte das Verteidigungsministerium nach einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion mit.
Weite, teilweise dünn besiedelte Räume mit geringer oder fehlender Staatlichkeit begünstigen kriminelle und terroristische Netzwerke", heißt es in dem als Verschlusssache eingestuften Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Verantwortlich für die Verschlechterung der Sicherheitslage seien im Wesentlichen die mit Al-Qaida verbündete Organisation JNIM und die Terrorgruppe Islamischer Staat Große Sahara (ISGS), ein Ableger der Terrormiliz IS. Die Terrorgruppen würden dabei von regionalen ethnischen Spannungen profitieren, die sie für ihre Zwecke instrumentalisierten. Malische Sicherheitskräfte stoßen trotz internationaler Unterstützung regelmäßig an ihre Grenzen, schrieb das Ministerium weiter.
Trotz dieser Lage hat Deutschland die Anfragen Frankreichs um deutsche Beteiligung an einem Einsatz von EU-Spezialeinheiten für den Kampf gegen Islamisten in Mali bereits zwei Mal abgelehnt, wie aus der Antwort deutlich wird. Frankreich habe in Deutschland und bei anderen EU-Staaten wegen der Unterstützung für den Aufbau einer internationalen Spezialkräfteeinheit (einer sogenannten "Combined Joint Special Operations Task Force") angefragt, teilte das Ministerium mit.
Frankreich kämpft in Mali und weiteren Ländern der Sahelzone mit der Operation "Barkhane" gegen islamistische Terroristen. Daran sind etwa 4.500 Soldaten beteiligt. In Mali sind auch annähernd 1.100 Soldaten der Bundeswehr im Einsatz. Sie sind Teil der bislang als weitgehend wirkungslos kritisierten Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) sowie der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali. In den Staaten der Sahelzone – einem Gebiet, das sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt – sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv.
Auch der Erfolg des Einsatzes einer gemeinsamen Einsatztruppe der G-5-Sahel-Gruppe sei derzeit gering. Diese Truppe sei nur "eingeschränkt zu Operationen befähigt". Zu der G-5-Gruppe gehören Mali, Mauretanien, Niger, der Tschad und Burkina Faso.
Mitte Dezember forderten die Sahel-Staaten von den Vereinten Nationen ein massiveres Mandat für die MINUSMA-Mission in Mali, die bereits seit 2013 in dem westafrikanischen Land aktiv ist. Man bitte den UN-Sicherheitsrat, das Mandat der Mission zu stärken, forderte der Gipfel der G5-Länder in Nigers Hauptstadt Niamey. Vorher waren bei einem Angriff auf ein Militärcamp bei Inates in Niger mehr als 70 Menschen getötet worden. Der Ableger der Terrormiliz IS bekannte sich zu der Attacke.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte die Bundesregierung auf, eine ressortübergreifende Strategie für die Sahel-Zone zu entwickeln. Es sei höchste Zeit für vernetztes Handeln. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) habe während ihres Truppenbesuches in Niger und Mali im Oktober eine grundlegende Überarbeitung der Missionen MINUSMA und EUTM sowie des deutschen Engagements in Aussicht gestellt.
Annegret Kramp-Karrenbauers Ankündigungspolitik ist medienwirksam, aber folgenlos", so Strack-Zimmermann. "Es zeigt sich, dass die Bundesregierung keine Pläne hat, ihr Engagement in der Sahel-Zone strategisch zu fokussieren und die Arbeit des Auswärtiges Amtes, des Verteidigungsministeriums und des Entwicklungsministeriums abzustimmen und zu koordinieren."
(dpa/rt deutsch)