von Kani Tuyala
Derzeit behauptet Frankreich, vor allem in der Sahel-Region den islamistischen Terrorismus bekämpfen zu wollen. Tatsächlich hat man in Paris die militärische Präsenz Frankreichs in den ehemaligen Kolonien nie aufgegeben. Vor allem die Zivilbevölkerung in den betroffenen Staaten macht Frankreich nun den Vorwurf, nicht wirklich den Terrorismus zu bekämpfen, sondern die Region gezielt zu destabilisieren, um sich dann als angeblicher "Retter in der Not" unentbehrlich zu machen und über diesen Hebel weiterhin Kontrolle über die früheren Kolonien auszuüben. Die Argumentation ist keinesfalls substanzlos, lässt sich das entsprechende taktische Kalkül doch nicht zuletzt auch im Finanzsektor nachweisen.
So etwa in Guinea. Als das westafrikanische Land unter Sékou Touré im Jahr 1958 entschied, sich aus der kolonialen Umarmung Frankreichs zu lösen, ordnete die französische Kolonialadministration als Gegenreaktion die Rückkehr tausender Franzosen nach Frankreich an. Dabei wurden diese auch dazu angehalten, nicht nur ihren eigenen Besitz, sondern all das, was im Land bis dahin unter französischer Kontrolle stand und nicht niet- und nagelfest war, mitzunehmen oder zu zerstören. Dazu zählten Schulen, Kindergärten, Gebäude der öffentlichen Verwaltung, wichtige nationale Dokumente, Autos, Bücher und medizinische Güter. Die enorme Zerstörungswelle umfasste auch Instrumente in Forschungseinrichtungen, Traktoren für die Landwirtschaft und kritische Infrastruktur. Pferde und Kühe auf Farmen wurden getötet, dort lagernde Lebensmittel verbrannt oder vergiftet.
Es handelte sich um eine unmissverständliche Botschaft an die übrigen französischen Kolonien, es nicht "zu bunt" zu treiben mit ihrem Streben nach Unabhängigkeit. Diese Rechnung sollte leider aufgehen: Nachdem Paris sein Exempel statuiert hatte, wagte es keine weitere französische Kolonie dem Beispiel von Sékou Touré zu folgen, dessen Unabhängigkeitsslogan lautete:
Wir ziehen die Freiheit in der Armut der Opulenz in der Sklaverei vor.
Von nun an würde jede weitere afrikanische Kolonie im Vorfeld der eigenen "Unabhängigkeit" versuchen, sich mit Frankreich "gut zu stellen". So willigte etwa Sylvanus Olympio ein, auch als erster Präsident des "unabhängigen" kleinen westafrikanischen Staates Togo Frankreich einen jährlichen Schuldendienst für die sogenannten "Vorteile" zu zahlen, die Togo durch die französische Kolonisation genossen habe. Es handelte sich um eine Vorbedingung des Élyseé-Palastes gegenüber den übrigen Kolonien, um nicht das gleiche Schicksal wie Guinea erleiden zu müssen. Die von Frankreich verlangte "Kolonialschuld" betrug im Jahr 1963 fast 40 Prozent des Staatshaushalts von Togo.
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Die Folge war ein äußerst instabiler Finanzhaushalt des jungen unabhängigen Landes, so dass Olympio beschloss, sich von der französischen Kolonialwährung FCFA (Franc de la Coopération Financière en Afrique) loszusagen und eine eigene Währung herauszugeben. Damit hatte Togos Präsident unwissentlich sein Todesurteil unterschrieben: Im Januar 1963, nur drei Tage nach dem des Druckens seiner eigenen Währung, wurde der erste gewählte Präsident des unabhängigen Landes von einem ehemaligen Sergeanten der französischen Fremdenlegionäre namens Étienne Gnassingbé Eyadéma ermordet. Gnassingbé – ein guter Freund auch von Franz Josef Strauß – war ein Kollaborateur der alten Macht, wie es sie in der Geschichte immer und überall gegeben hat. Olympios einziges "Verbrechen" war es, ein tatsächlich unabhängiges, autarkes und eigenständiges Land aufbauen zu wollen. Aber er hatte die Rechnung ohne den selbsternannten Wirt gemacht.
Auch der erste Präsident Malis erdreistete sich, eine tatsächliche Unabhängigkeit seines Landes anzustreben. Im Juni 1962 beschloss Modibo Keïta ebenfalls, sich aus der französischen Kolonialwährung FCFA zu verabschieden, die nunmehr zwölf offiziell unabhängigen afrikanischen Ländern aufgezwungen worden war. Dem Präsidenten Malis, dem ein eher sozialistisches Wirtschaftssystem vorschwebte, war bewusst, dass es sich bei der weiteren finanziellen Bindung an Frankreich um eine monetäre Falle handelt. Im November 1968 wurde Keïta – wie zuvor Olympio – durch einen Putsch unter maßgeblicher Beteiligung eines weiteren ehemaligen französischen Fremdenlegionärs, des Leutnants Moussa Traoré, entmachtet und verstarb achteinhalb Jahre später – immer noch inhaftiert – unter "ungeklärten Umständen". Es sollten noch etliche weitere Mordkomplotte und Putsche in West- und Zentralafrika folgen.
In den letzten 50 Jahren fanden in 26 Ländern Afrikas insgesamt 67 Staatsstreiche statt. Bei 16 dieser Länder handelte es sich um französische Ex-Kolonien. Es war der erst jüngst verstorbene französische Präsident Jaques Chirac, der im März 2008 erklärte:
Ohne Afrika wird Frankreich auf den Rang eines Dritte-Welt-Landes abstürzen.
Ein gewisser François Mitterand war schon 1957 von folgendem Szenario überzeugt:
Ohne Afrika wird Frankreich im 21. Jahrhundert keine Geschichte haben.
Und wie jetzt berichtet wird, diskutieren vierzehn ehemalige französische Kolonien, darunter die Elfenbeinküste, der Senegal und Kamerun erneut – diesmal aber offensichtlich gemeinsam – wie sie sich vom FCA lossagen können.
Mit der Zeit könnte es jedoch dazu beitragen, einen Teil des wirtschaftlichen Potenzials Afrikas zu erschließen", heißt es dazu beim Wall Street Journal.
Seit 1945 drucken zwei Zentralbanken – eine in Westafrika und eine in Zentralafrika – den CFA-Franc. Das französische Finanzministerium garantiert im Gegenzug, dass die entsprechenden Staaten den Kolonial-Franc in Euro umtauschen dürfen. Durch die Koppelung an den CFA werden wiederum die Währungsschwankungen aufgefangen und wird die Inflation niedrig gehalten. Als Vorbedingung müssen die ehemaligen Kolonien nach wie vor mindestens die Hälfte ihrer Devisenreserven auf Konten der französischen Zentralbank transferieren. Das französische Finanzministerium investiert diese Mittel dann – auf dem französischen Aktienmarkt!
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Die Bindung an das Auf und Ab des Euro widerspricht jedoch zunehmend den Bedürfnissen der Export-Ambitionen dieser Länder. Dieses Problem hat sich in den letzten Jahren verschärft, weil die betroffenen Länder – meist als Exporteure von Rohstoffen wie Öl, Kakao und Gold – ihren Fokus weg von Europa, hin zu China, nach Indien und zu anderen afrikanische Nationen verlagert haben. Nach inoffiziellen Informationen planen die westafrikanischen Länder, ihre Devisenreserven von der französischen Zentralbank abzuziehen und an eine neu zu schaffende, eigene Zentralbank zu transferieren. Auch eine eigene westafrikanische Währung ist im Gespräch. Dabei ist jedoch keinesfalls gesichert, welchen wirtschaftlichen Effekt diese Maßnahmen tatsächlich haben könnten.
Dennoch ist die Beendigung des monetären Kolonialismus ein notwendiger Schritt, damit Afrika mehr wirtschaftliche Souveränität erlangen und seine entstehenden Binnenmärkte stärken kann. Ohne finanzielle Souveränität kann von "Unabhängigkeit" ohnehin keine Rede sein. Wieder ist es die Zivilbevölkerung in den entsprechenden Staaten, die sich ebenso gegen den CFA-Franc wendet. Darunter auch zehn Rapper aus sieben afrikanischen Ländern mit jeder Menge "street credibility". Der Titel eines ihrer Songs heißt: "7 Minuten contre le CFA" ("7 Minuten gegen den CFA-Franc")". Ihre Hauptkritik lautet dabei, dass die Währung ein Überbleibsel der französischen Kolonialzeit sei und einen Affront gegen jegliche Souveränität der afrikanischen Staaten darstelle.
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