Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als erster Präsident zugab, dass die ehemalige Kolonialmacht in Algerien "systematische Folter" betrieben hatte, führt sein Land seit 2013 einen "Krieg gegen den Terror" in der Sahelzone. Angefangen mit einem Einsatz in Mali, wo aufgrund des Zusammenbruchs von Libyen nach dem NATO-Angriff 2011 zuerst die Separatistenbewegung der Tuaregs und dann Islamisten von Al-Qaida die Macht der Zentralregierung bedrohten, weitete sich der Krieg auf fünf weitere Länder aus. Zusammen mit Mali, dem Tschad, Niger, Burkina Faso und Mauretanien hat Frankreich die Gruppe "G5 Sahel" (G5S) ins Leben gerufen.
Ziel dieser G5S-Initiative war es, die Last der französischen Intervention auf verschiedene Schultern zu verteilen, die gleichermaßen von Terror und wirtschaftlichen Verflechtungen mit Paris betroffen waren. Unter französischer Führung wurde die "Operation Barkhane" initiiert, die die anfängliche "Operation Serval" in Mali abgelöst hatte. Über fünf Jahre sind nun seit dem Beginn – manche würden auch von französischer Rückkehr sprechen – der Intervention vergangen, ohne dass sich die Situation stabilisiert oder sogar verbessert hätte.
Von einigen als Erfolg gewertet, weil die Dschihadisten nicht oder nicht mehr in der Lage sind, die Souveränität der Länder ernsthaft in Frage zu stellen, sah sich Frankreich am 4. Oktober gezwungen, im Osten von Burkina Faso einen Luftschlag gegen schwer bewaffnete "Extremisten" durchzuführen. Zuvor kamen mindestens acht Soldaten des westafrikanischen Landes bei Anschlägen ums Leben. In Niger, also im gleichen Land, in dem die von Frankreich geführte "Operation Barkhane" aktiv ist, führen auch die USA ihren Schattenkrieg mit Spezialkommandos. Als vergangenes Jahr vier US-Soldaten in einen Hinterhalt gelockt und getötet wurden, wurde der Vorfall bereits als "Trumps Bengasi" bezeichnet. Gleichzeitig will Washington in Niger für Hunderte Millionen US-Dollar eine Basis für Drohnen aufbauen. In Mali hat sich die Situation trotz der Ankunft kanadischer Truppen und der Bundeswehrpräsenz verschlechtert, wie UN-Generalsekretär António Guterres konsterniert feststellen musste.
Der militärische Aspekt ist dabei nur ein Teil des Problems in der Sahelzone und in Afrika allgemein. Die Ausbeutung von Rohstoffen durch die internationale Gemeinschaft, eine für diese Länder völlig desaströse Finanz- und Wirtschaftspolitik des Westens und natürlich die legendäre Korruption tun ihr Übriges, um den Menschen die Grundlage für ein Überleben zu zerstören. Von einem halbwegs normalen Leben nach unserer Vorstellung kann überhaupt keine Rede sein. Früher oder später werden diese Menschen nicht mehr länger in den Gebieten leben können, in denen sich einst ihre Vorväter niedergelassen haben. Diese Bedrohung hat auch der US-Amerikaner David Beasley, Direktor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, ganz klar in einem Interview mit dem britischen Guardian angesprochen:
Mein Kommentar für die Europäer ist der, wenn ihr glaubt, dass ihr aufgrund von Destabilisierung und Konflikten, die zu Migration führen, ein Problem hattet, das sich aus einer Nation mit 20 Millionen Menschen wie Syrien ergibt, dann wartet ab, bis die größere Sahelzone mit 500 Millionen weiter destabilisiert ist. (…) Ihr werdet vor einem ähnlichen Muster wie vor einigen Jahren stehen, außer dass ihr mehr ISIS und extremistische Gruppierungen haben werdet, die die Migration infiltrieren.
Wenn man von einer ähnlichen Quote wie in Syrien ausgeht, wo laut UN-Angaben ungefähr ein Viertel der Bevölkerung vor dem Krieg in die Nachbarländer, aber auch nach Ägypten und Europa geflohen ist, dann steht uns eine Katastrophe epischen Ausmaßes bevor. Denn dann werden nicht "nur" fünf Millionen Menschen das Kriegsgebiet verlassen, sondern über 120 Millionen Menschen! Und sie werden kaum im armen Afrika bleiben wollen, sondern die Festung Europa in einem wahren Tsunami erstürmen.