Neue Machtspiele in Libyen: Ölförderung im Land sinkt um mehr als die Hälfte

Inmitten des neu aufflammenden Streits um die Kontrolle der libyschen Zentralbank wurden mehrere Ölfelder geschlossen. Die Machtspiele in Libyen treiben den Ölpreis in die Höhe. In Libyen findet seit langem ein Kampf um Einfluss und Ressourcen zwischen zwei großen Lagern statt.

Etwa die Hälfte der libyschen Ölproduktion, d. h. knapp 600.000 Barrel pro Tag, war am Donnerstag außer Betrieb gesetzt worden. Zudem wurden die Exporte in mehreren Häfen eingestellt, da ein Streit zwischen rivalisierenden politischen Gruppierungen über die Öleinnahmen eine vierjährige Periode relativen Friedens zu beenden drohte.

Ölhändler reagierten damit auf eine Ankündigung der libyschen Regierung, im Osten des Landes die gesamte Ölförderung und -ausfuhr einzustellen. Hintergrund ist ein Streit mit der rivalisierenden Regierung im Westen des Landes über die Kontrolle der Zentralbank, die auch die Energieeinnahmen verwaltet. Die Rohölpreise waren bereits am Montag um mehr zwei Prozent gestiegen, nachdem Libyens Regierung erklärt hatte, die Ölförderung zu vermindern.

Libyen ist seit dem Jahr 2014 in zwei Regionen gespalten. Dass Ölfelder in Libyen wegen der Konflikte beider Machtzentren zeitweise geschlossen werden, kam auch in der Vergangenheit vor. Die libysche "National Oil Corporation", die die Ölvorkommen des Landes kontrolliert, gab am Donnerstag bekannt, dass die durchschnittliche Ölproduktion am Mittwoch, dem 28. August, bei 591.024 Barrel lag. Im Juli förderte Libyen etwa 1,18 Millionen Barrel pro Tag.

Durch die Krise um die Kontrolle der libyschen Zentralbank droht eine neue Welle der Instabilität in dem Land – einem wichtigen Ölproduzenten, der zwischen östlichen und westlichen Fraktionen gespalten ist, die jeweils von bestimmten Staaten unterstützt werden.

Der Gouverneur der libyschen Zentralbank, Sadiq al-Kabir, sagte, dass er und andere hochrangige Bankangestellte gezwungen seien, das Land zu verlassen, um "unser Leben" vor möglichen Angriffen durch bewaffnete Milizen zu schützen, berichtete die Financial Times am Freitag. "Die Milizen bedrohen und verängstigen die Bankangestellten und entführen manchmal ihre Kinder und Verwandten, um sie zu zwingen, zur Arbeit zu gehen", sagte Kabir der Zeitung am Telefon. Er erklärte auch, dass die Versuche des Interimspremierministers Abdulhamid al-Dbeibah im Westen, ihn zu ersetzen, illegal seien und gegen die von den Vereinten Nationen ausgehandelten Vereinbarungen über die Kontrolle der Zentralbank verstießen.

Seit der von der NATO unterstützten Militärintervention im Jahr 2011 in Libyen kommt das Land nicht zur Ruhe. Seither florieren in dem nordafrikanischen Land Sklaven-, Drogen-, Waffen- und Menschenhandel. Die USA machten sich schuldig, indem sie die NATO dazu brachten, offensive militärische Gewalt gegen einen souveränen Staat einzusetzen, obwohl die UN-Charta Gewalt unter Staaten verbietet.

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