Von Gleb Prostakow
Die Regierungen von Niger, Mali und Burkina Faso haben sich am 18. Mai über die endgültige Variante des Plans zur Bildung einer Konföderation geeinigt. Das neue staatliche Gebilde soll bei einem Gipfeltreffen der drei Staaten in Kraft treten. Das Datum des Gipfels steht freilich noch nicht fest.
Es ist nicht der erste Versuch, ein neues staatliches Gebilde in Afrika zu schaffen und damit die Folgen der jahrhundertelangen Kolonialherrschaft wenn schon nicht zu beseitigen, so doch zumindest zu lindern. Ein schillerndes Beispiel dafür ist die Konföderation Senegambia, die zwischen 1982 und 1989 existierte – eine Vereinigung zwischen der ehemals französischen Kolonie Senegal und der darin eingekeilten ehemaligen britischen Kolonie Gambia. Nach siebenjährigem Bestehen zerfiel diese Konföderation mangels weiterer integrativer Entwicklungen.
Doch im Fall der Sahelländer ist die Lage etwas anders. Die Grundlage für die Integration der drei Staaten bildet nicht nur die Notwendigkeit, die Sicherheit zu gewährleisten (ein für fast alle afrikanische Staaten gemeinsames Problem), sondern auch die ausgeprägte Konfrontation mit dem ehemaligen "Mutterland" Frankreich und, im breiteren Sinne, dem weltweiten Hegemonen USA. Die Militärputsche der Jahre 2022/23 in Mali, Burkina Faso und Niger brachten neue Eliten an die Macht, die Paris und Washington kritisch gegenüberstehen.
Das Erste, das die Oberhäupter der Militärregierungen taten, die die zivilen Regierungen Nigers, Malis und Burkina Fasos abgelöst hatten, war, ein Verteidigungsbündnis zu bilden und französische sowie US-amerikanische Truppen des Landes zu verweisen. Deren Stellen nehmen gerade russische und türkische Kontingente ein. Besonderen Ärger bereitet dabei den US-Amerikanern die Tatsache, dass Russen de facto die von den USA gebauten und ausgestatteten Stützpunkte in Niger besetzen.
Dem neuen Bündnis stehen alle Etappen des Kampfes um eine echte, und keine vermeintliche, für die postkoloniale Periode typische, Souveränität bevor. In erster Linie geht es dabei um den Austritt aus der Währungsunion, die auf der Nutzung des westafrikanischen Franc (CFA) aufbaut, dessen Kurs fest erst an den französischen Franc und später an den Euro gebunden ist und von Frankreich geregelt wird. Der eigentliche Name der Währung, CFA, spricht für sich. Heute wird sie politisch korrekt als Communauté financière africaine (Afrikanische Finanzgemeinschaft) entschlüsselt. Ursprünglich hatte die Abkürzung aber eine ganz andere Bedeutung – colonies françaises d'Afrique (französische Afrika-Kolonien).
Bis zum Jahr 2027 sollte der CFA-Franc durch eine neue Währung, den Eco, ersetzt werden – benannt nach der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS). Im Januar 2024 kündigten die Regierungen Nigers, Burkina Fasos und Malis ihren Austritt aus der ECOWAS an, nachdem die Gemeinschaft ihre eigenen Mitglieder mit Sanktionen belegt und mit einer militärischen Intervention in die drei Sahelländer gedroht hatte. Die Bildung eines Staatenbündnisses, und später möglicherweise einer Konföderation, markiert den Beginn der Konkurrenz zwischen westlichen und alternativen Projekten in Afrika. China, Indien, Pakistan und natürlich Russland zeigen seit Langem ein gesteigertes Interesse am Schwarzen Kontinent. Doch wahrscheinlich zum ersten Mal nimmt das konkurrierende Projekt die Form eines neuen Staates an.
"Das beste Mittel, die Probleme in Afrika in den Griff zu bekommen, ist, sie zu ignorieren." Das ist ein Zitat aus dem bekannten Roman "Schwarzes Requiem" des französischen Schriftstellers Jean-Christophe Grangé. Es scheint, dass jene, die Afrikas Probleme lange ignorierten oder vielmehr zum eigenen Vorteil ausnutzten, heute vom Kontinent zurückgedrängt werden. Ihren Platz nehmen Länder und Bündnisse ein, die eine antikoloniale, multipolare Agenda fördern.
Dabei sollte man sich Afrika nicht als ein Schachbrett vorstellen, auf dem die Großmächte ihr Spiel spielen. Der Kampf um die Souveränität wurde dem Kontinent nicht von außen aufgezwungen, sondern kommt aus dem Inneren der afrikanischen Länder und Völker. Gerade diese Bewegung bestimmt letzten Endes die erwünschten Partner und die unerwünschte Anwesenheit bestimmter Staaten oder Organisationen. Russland wird es kaum gelingen, den gleichen Einfluss in Afrika wiederherzustellen, über den die Sowjetunion verfügte. Doch seit den 1960er- und 1970er-Jahren wuchs die Bevölkerung des Kontinents um ein Fünffaches. Im Grunde ist es der einzige Kontinent auf der Erde, der eine positive Bevölkerungstendenz zeigt. Auf diesem riesigen Absatz-, Arbeits- und Rohstoffmarkt wird es Platz für alle geben.
Wie die Abstimmungsergebnisse afrikanischer Staaten bei signifikanten UN-Resolutionen, ob hinsichtlich des russisch-ukrainischen Konflikts oder des Konflikts zwischen Israel und der Hamas zeigen, stimmt die Mehrheit dieser Länder entweder gegen die von den USA und der EU aufgezwungenen antirussischen und proisraelischen Resolutionen oder weicht der Abstimmung zumindest aus, indem sie sich enthält oder bei der Stimmabgabe fehlt. Anders formuliert, handelt es sich nicht um einen Kampf zwischen pro-US-amerikanischen und prorussischen Stellvertretern in Afrika, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Es handelt sich um Konkurrenz zwischen zwei ihrem Wesen nach unterschiedlichen Projekten. Die Aufgabe der Konföderation von Niger, Mali und Burkina Faso besteht nicht darin, in einen Konflikt mit anderen ECOWAS-Mitgliedern zu treten, sondern möglichst viele von ihnen auf die eigene Seite zu ziehen. Sollte eine solche Allianz auf formale oder informale Weise durch Länder mit Meereszugang, etwa Senegal oder die Elfenbeinküste, gestärkt werden, werden die Chancen auf eine wirtschaftliche Subjektivität der Sahelzone um ein Vielfaches steigen.
Die Attraktivität Russlands als eines Verbündeten der afrikanischen Staaten ist ebenfalls objektiv bedingt. Russland deckt die Grundbedürfnisse der afrikanischen Länder nach Sicherheit und Lebensmittelversorgung ab. Gleichzeitig sind Russland, China, Indien und die Türkei in der Lage, umfassende Infrastrukturprojekte in Afrika umzusetzen, Kraftwerke, Straßen, Krankenhäuser und Schulen zu bauen. Das ist ein neues Niveau der Zusammenarbeit und der kulturellen Expansion.
Die Sahelstaaten verfügen über mehr als genug Rohstoffe, die für eine wirtschaftliche Subjektivität notwendig sind – Gold, Diamanten, Uran, Kupfer, Mangan usw. Es stellt sich nur die Frage nach gerechten Preisen, für die sie diese Ressourcen verkaufen und den Erlös in die eigene Entwicklung investieren können. Durch die Kontrolle über die regionalen Warenbörsen, die den Handel in CFA-Franc abwickelten, versorgte Frankreich sich selbst jahrzehntelang mit billigem Uran. Diese Zeit neigt sich dem Ende zu.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 25. Mai bei Wsgljad.
Gleb Prostakow ist ein russischer Business-Analytiker und Journalist. Ehemals Redakteur und Reporter des ukrainischen Wochenblattes Westi. Ab Ende 2015 war er Leiter der Abteilung Innenpolitik des Stadtrates von Saporoschje. Wenig später ließ er sich in Russland nieder und schreibt seitdem für zahlreiche russische Medien Kommentare und Analysen.
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