Knapp zwei Monate nach dem patriotischen Putsch in Niger kündigt Frankreich – nach der Ausweisung und dem Rückruf des französischen Botschafters aus dem afrikanischen Land – nun auch den Rückzug des französischen Militärs aus Niger an. Das teilte der französische Präsident Emmanuel Macron persönlich am Sonntagabend in einem Fernsehinterview auf France 2 und TF1 mit. Die bisherigen Aufforderungen der neuen Staatenlenker, die französischen Streitkräfte abzuziehen und den Botschafter Frankreichs auszufliegen, hatte man in Paris wiederholt abgelehnt – und zwar mit der Begründung, dass Frankreich die nigrischen Putschisten nicht als "legitime" Führung des Landes anerkenne.
In letzter Zeit musste Frankreich eine Reihe von Demütigungen und antifranzösischen Provokationen in Niger hinnehmen. Der mit dem Putsch als vorläufiger Staatschef aufgetretene General Abdourahamane Tchiani hatte zuletzt keine Lebensmittellieferungen mehr zur Botschaft der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich zugelassen. Zuvor war dem französischen Botschafter bereits seine Akkreditierung im Land entzogen worden. Nach Informationen des französischen Außenministeriums waren die Lebensbedingungen für den Botschafter somit immer prekärer geworden. Er ernähre sich von militärischen "Notfallrationen", hieß es. Letzte Woche verlautbarte Macron, der französische Botschafter würde seit dem Putsch in Niger in "Geiselhaft" sitzen.
Der von der Militärregierung Anfang August ernannte neue Ministerpräsident Ali Lamine Zeine hatte zuvor erklärt, die französischen Streitkräfte hielten sich fortan "illegal" in Niger auf. Frankreich kündigte danach an, einen Teilabzug seiner Truppen in Niger vollziehen zu wollen. In den vergangenen Wochen demonstrierten immer wieder tausende Menschen in Niger für einen Abzug der französischen Truppen aus dem westafrikanischen Land. Paris hat noch etwa 1.500 Soldaten in Niger stationiert. Laut der jüngsten Entscheidung Macrons sollen aber nun die gesamten französischen Streitkräfte das Land verlassen. Dabei ist auch anzumerken, dass wohl auch für die anderthalbtausend französischen Soldaten im Land kein Nachschub mit Lebensmitteln mehr garantiert sein soll. In der französischen Presse gab es sogar Berichte, wonach die französischen Soldaten selbst ihren Unmut bereits lautstark bekunden würden.
Nigers neue Regierung warf Frankreich bereits mehrfach eine Einmischung in innere Angelegenheiten des Landes vor. Die Junta in Niger beschuldigte insbesondere den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der seine Unterstützung für den gestürzten Staatschef Mohamed Bazoum bekräftigt hatte, eine "neokoloniale Operation gegen das nigrische Volk" fortzusetzen.
Frankreich scheint somit sukzessive seinen seit Kolonialzeiten traditionellen Einfluss in Afrika zu verlieren. Niger ist nur ein weiterer Schritt auf dem Weg des schwindenden Einflusses in Afrika. Für Frankreich scheint die Ausgangslage im Sahel besonders ungünstig zu sein: Nach den Putschen in den ehemaligen französischen Kolonien Mali, Burkina Faso und Niger folgte in den Wochen danach noch ein Staatsstreich in Gabun. Die jüngsten Putsche innerhalb von weniger als drei Jahren haben Frankreichs Stellung geschwächt, Macron spricht schon über eine "Epidemie von Putschen". Aus Burkina Faso und Mali hat sich Frankreich mit seinen Truppen bereits zurückgezogen. Niger ist allerdings strategisch wichtig, denn es produzierte bisher fünf Prozent des weltweiten Uranaufkommens, wovon der größte Teil nach Frankreich exportiert wurde, um es dort in dessen Kernkraftwerken zur Energiegewinnung zu verwenden.
Die Führung in Paris unterstützt derzeit die harte Haltung der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS), einschließlich deren Androhung militärischer Maßnahmen gegen Niger. Es gibt allerdings bisher keine hinreichende Einigkeit unter den ECOWAS-Mitgliedsstaaten für eine Intervention. Insofern bleibt unklar, ob Frankreich die ECOWAS zu einer Invasion bewegen will, um damit auch jüngste Imageschäden für Frankreich in Afrika zu minimieren. Das wäre ein möglicher Schritt, der für Frankreich und den gesamten Westen allerdings unvorhersehbare Konsequenzen hätte.
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